JEREMIA 20,7-11a;   PREDIGT:

 

Die Last des Prophetenamtes:

„ HERR, du hast mich überredet, und ich habe mich überreden lassen. Du bist mir zu stark gewesen und hast gewonnen; aber ich bin darüber zum Spott geworden täglich, und jedermann verlacht mich. Denn sooft ich rede, muss ich schreien; »Frevel und Gewalt!« muss ich rufen. Denn des HERRN Wort ist mir zu Hohn und Spott geworden täglich. Da dachte ich: Ich will nicht mehr an ihn denken und nicht mehr in seinem Namen predigen. Aber es ward in meinem Herzen wie ein brennendes Feuer, in meinen Gebeinen verschlossen, dass ich's nicht ertragen konnte; ich wäre schier vergangen. Denn ich höre, wie viele heimlich reden: »Schrecken ist um und um!« »Verklagt ihn!« »Wir wollen ihn verklagen!« Alle meine Freunde und Gesellen lauern, ob ich nicht falle: »Vielleicht lässt er sich überlisten, dass wir ihm beikommen können und uns an ihm rächen.« Aber der HERR ist bei mir wie ein starker Held, darum werden meine Verfolger fallen und nicht gewinnen. Sie müssen ganz zuschanden werden, weil es ihnen nicht gelingt. 

 

Alle biblischen Größen sind uns Vorbilder für die Bewältigung ganz bestimmter Lebenssituationen. Jeremia erlebte mit seinem von Gott gewirkten Auftrag viel Gegenwind, Unverständnis und Ärger. Das ließ ihn nicht kalt, sondern deshalb hatte er viele innere Kämpfe. Am liebsten würde er aus dem Ganzen aussteigen. Aber Gott lässt ihm keine Ruhe. Immer wieder kommt er resigniert zu Gott, weil er am Ende seiner Kraft und Möglichkeiten war. Er klagte Gott sein ganzes Leid. Ja, er machte Gott Vorwürfe, weil er durch den Auftrag Gottes sehr vieles erleiden musste. Und Gott redete ihm immer wieder gut zu, doch so weiter zu machen und nicht aufzugeben.

Nach außen hin  musste er wie ein Fels in der Brandung stehen, musste er standhaft Gottes Botschaft bringen und den Frevel und das Unrecht aufdecken, das unter dem Volk Israel vorhanden war und praktiziert wurde. Dafür erntete er nicht nur Unverständnis, sondern man warf ihn ins Gefängnis. Tagelang musste er in der Dunkelhaft eines Brunnenloches bleiben. Viele, viele Gemeinheiten tat man ihm an. Die ganze Oberschicht des Volkes stand gegen ihn und hetzte auch das Volk gegen ihn auf. Und das ging über Jahre, ja Jahrzehnte. Das Gericht Gottes, das er anzukündigen hatte, kam und kam nicht. Das ging über seine Kräfte. Seine Gegner scheinen Recht zu bekommen.

Was er nach außen hin vertreten musste, das entsprach überhaupt nicht seinen eigenen Wünschen und Begehren. Er hätte viel lieber ein ruhiges Leben geführt, unbeachtet und unbemerkt von aller Öffentlichkeit. Aber Gott ließ ihm keine Ruhe. Er musste und musste immer wieder predigen, unters Volk gehen und Gottes Anspruch verkündigen.

So ist uns Jeremia kein Vorbild von einem Supermenschen, der es versteht nach allen Seiten Hiebe und Schläge auszuteilen. Im Fernsehen gibt es viele solche Sendungen, bei denen Menschen alle anderen sieghaft überwältigen. Sondern er ist ein Mensch wie jeder andere auch. Aber er wurde von Gott ausersehen, als sein Bote für Recht und Ordnung zu sorgen. So gerne er es tun würde, darf er sich dieses Auftrages nicht entledigen. Trotz vieler innerer Kämpfe musste er weiter machen. So ist er uns ein Vorbild, wie wir trotz viel Gegenwind, trotz vielem Mobbing, trotz vieler Boshaftigkeiten dem Auftrag Gottes leben und gerecht werden können. Denn im Neuen Testament ist jeder praktizierender Christ ein Bote Gottes und bekommt deshalb die Gegenmacht Gottes zu spüren.

Und da erleben wir dreierlei: 1) Gott ist unsere Zuversicht und Stärke. Wer sich mit ihm einlässt, der kommt nicht mehr von ihm los. 2) Gottes Botschaft trifft in eine Welt, die dagegen aufbegehrt. Es gibt die Feinde und die Gegner. 3) Gott ist immer der Stärkere, der Weisere und der Sieger. Sein Beistand ist uns gewiss.

 

1) Gott ist unsere Zuversicht und Stärke. Wer sich mit ihm einlässt, der kommt nicht mehr von ihm los. Dr. Martin Luther sagte einmal: „Wenn ich vorher alles gewusst hätte, was auf mich zukommt, dann wäre ich nie ein Mönch geworden!“ So ähnlich dachte auch dieser Jeremia. So ähnlich könnten auch wir denken. Es ist gut, wenn wir vorher nicht alles wissen, was wir einmal zu durchgehen haben.

Aber Gott lässt uns von Anfang an nicht im Unklaren darüber, was alles auf uns zukommen könnte. Die Seligpreisungen in Matthäus 5 zeigen da im Überblick das Wesentliche auf: Geistlich verstandene Armut, Leid tragen, sanftmütig sein, Hunger und Durst nach Gerechtigkeit, barmherzig sein, ein reines Herz haben, friedvoll leben. Und er schließt mit der Seligpreisung, wenn wir um des Glaubens willen verfolgt werden und vieles erleiden müssen. Aber das Ganze ist weniger als eine Last dargestellt, sondern als eine Freude, eben als eine Seligkeit.

Stellen wir uns einmal einen Verein vor, der damit wirbt: Komme zu uns, da lernst du das Leiden. Dieser Verein hätte keine Mitglieder. Aber Gott wirbt so. Und wir sollen uns darüber noch freuen, fröhlich sein. Ist das nicht makaber? Nein! Sondern damit zeigt uns Gott das Wahre dieses Erdenlebens. Jesus sagte einmal zu den Jüngern: Wenn euch die Welt hasst, so wisst, dass sie mich vor euch gehasst hat. Und Paulus sagt, Kolosser 1,24: Ich freue mich in den Leiden .... und erstatte an meinem Fleisch, was an den Leiden Christi noch fehlt, für seinen Leib, das ist seine Gemeinde!

Sagen wir es einmal so: Die allgemeinen Werbungen preisen immer nur das Gute und Schöne an und die Nachteile werden verschwiegen. Wenn wir uns darauf einlassen und wir bekommen die Nachteile zu spüren, dann können wir ganz schön frustriert und enttäuscht sein. Vom Teufel sagt man, wenn man ihm den kleinen Finger gibt, dann nimmt er die ganze Hand. Das kann man an den vielen Gebundenheiten und Süchten erkennen, die es auf dieser Erde gibt. Und das macht nun Gott nicht. Er sagt uns vorher die ganze Wahrheit, darin aber wahrhaftig unsere Seligkeit liegt und wir zur Erfüllung unseres Lebens kommen. Die Vorteile überwiegen weit die Nachteile, die es natürlich auch gibt. Das ist uns trotz allem bewusst, wie auch bei diesem Jeremia, sodass wir bekennen: Du hast mich überredet und ich habe mich überreden lassen. Du bist mir zu stark gewesen und hast gewonnen. Wir haben ja nicht nur schlechte, sondern auch gute Zeiten. Aber auch in den schlechten ist Gott unsere Zuversicht und Stärke. Wir kommen nicht mehr von ihm los, weil die Vorteile dennoch überwiegen.

 

2) Gottes Botschaft trifft in eine Welt, die dagegen aufbegehrt. Es gibt die Feinde und die Gegner. Diese Tatsache trifft uns zuerst einmal ganz persönlich. Jeder in diese Welt geborene Mensch steht unter dem Sündenfall. Wer als Christ lebt, spürt zuerst einmal ganz persönlich, dass er die Erlösung Jesu ganz nötig braucht. Er nimmt diese Erlösung an und lässt sie an sich geschehen. Auch Jeremia erlebte dies als ganz junger Mensch bei seiner Berufung.

Damit wechseln wir die Fronten des Lebens. Nun stehen wir nicht mehr auf der Seite des Todes, sondern auf der Seite des Lebens. Nun gelten nicht mehr die Niederlagen, sondern die Siege; nicht mehr der Hass, sondern die Liebe; nicht mehr die Feindschaft Gottes, sondern die Freundschaft Gottes. Wir sind, wie es Luther einmal sagte, vom zornigen zum gnädigen Gott geflüchtet.

Aber es sind ja immer nur wenige, die solchen Schritt wagen und gehen. So gibt es noch viele Feinde und Gegner Gottes, ob diese es wissen oder nicht wissen.

Es ist zwar weniger das Thema dieses Predigttextes. Aber ich möchte darauf hinweisen, dass auch in uns diese Feindschaft vorhanden ist: die Welt in uns! In der Auslegung zur Taufe heißt es dazu: dass der Alte Adam in uns durch tägliche Reue und Buße ersäuft werden soll und sterben mit allen Sünden und bösen Lüsten!

Aber hier ist nun die Welt um uns gemeint, die uns unbedingt wieder auf ihre Seite ziehen will. Und wenn ihnen das nicht gelingt, dann stellen sie sich gegen uns. Die Christen, die verfolgt werden, erleben das in massiver Weise. Bei uns ist solche Verfolgung nicht erlaubt. Aber auch wir haben Feinde, Gegner, oft in unserer allernächsten Umgebung. Wenn uns Jesus zur Feindesliebe aufruft, dann erkennen wir zuerst einmal unsere Feinde. Wir verschließen vor ihnen nicht unsere Augen. Aber wir schießen nicht mit dem gleichen Verhalten zurück: Wie du mir, so ich dir! Sondern wir setzen dem Bösen das Gute entgegen. Und dabei verfolgen wir nicht unsere eigenen Interessen, sondern die Anliegen des Evangeliums. D.h. „das“ Böse oder „der“ Böse oder „die“ Böse darf uns nicht von unserem Auftrag abhalten. Was uns Gott aufgetragen hat, das dürfen wir schöpferisch ausführen. Darauf konzentrieren wir uns und nicht auf die Gegenmaßnahmen zum Bösen. So baut Gott damit seine Gemeinde. Das galt auch damals für Jeremia und das gilt für uns heute. Jeremia hatte ja nicht nur Feinde, sondern auch Freunde, wenn es auch wie zu allen Zeiten nur wenige sind.

 

3) Gott ist immer der Stärkere, der Weisere und der Sieger. Sein Beistand ist uns gewiss. Jesaja nennt uns einmal eine harte, aber wahre Tatsache, 40,15: Die Völker sind geachtet wie ein Tropfen am Eimer und wie ein Sandkorn auf der Waage, ... wie ein Stäublein! Und die Offenbarung schwärmt dazu im Gegensatz von der großen Schar der Überwinder, die durch die Erlösung Jesu am ewigen Sieg teilhaben und vor Gottes Thron stehen darf. Und das geschieht nie in überheblicher Weise. Denn es ist noch Gnadenzeit. Alles Wirken der Gemeinde Jesu ist darauf bedacht, dass Menschen die Fronten wechseln und zu Gott überwechseln. Das tat damals Jeremia. Dazu rief er auf. Diesem Ziel diente sein ganzer Einsatz. Die Bibel nennt das auch „Überwindung“, was das Thema der ganzen Heiligen Schrift und der Kirchengeschichte ist.

Es gibt eben neben der Weltgeschichte, die oft sehr heillos und verwerflich verläuft, auch die Heilsgeschichte Gottes, die Jesus in der Neuschöpfung zur Vollendung führt. Gerade die Himmelreichsgleichnisse des Neuen Testamentes verdeutlichen dies in anschaulicher Art und Weise. Da spielt nicht der Frömmigkeitstyp eine Rolle, denn diese können sehr verschieden sein. Sondern da ist unser Glaube an Jesus Christus wesentlich. Und diese Gläubigen gibt es quer durch alle Konfessionen und Freikirchen!

In Punkt 1) haben wir bemerkt, dass alle, die sich mit Gott einlassen, nicht mehr von ihm loskommen. Der Grund dafür ist die Größe Gottes: Gott, der immer der Stärkere, der Weisere und der Sieger ist. Gottes Plan geht immer zügig weiter und voran. Sein Wort kommt nie leer zurück, sondern vollbringt, wozu es gesandt und gesagt worden ist.

Auch wenn Jeremia viel Leid zu durchgehen hatte, wie auch viele andere Gottesboten, so gilt doch allein das, was Mose in seinem Lied ausdrückte, 5. Mose 32,11: Wie ein Adler ausführt seine Jungen und über ihnen schwebt, so breitet er seine Fittiche aus und nimmt uns und trägt uns auf seinen Flügeln! Oder die uns allen bekannte Geschichte von den „Spuren im Sand“ drückt aus, dass uns Gott durch die Zeiten hindurch trägt, die uns gar nicht gefallen wollen und wir meinen, gottverlassen zu sein.

Auch die Märtyrer sind von Gott Getragene, obwohl uns das paradox erscheint. Dafür gibt es viele Zeugnisse der Schrift, der Kirchengeschichte und aus unserer heutigen Zeit. Wir im Goldenen Westen können uns das nicht vorstellen und hätten auch berechtigte Angst, wenn so etwas auf uns zukommen sollte. Aber Gott gibt uns eben nichts im voraus. Er gibt uns die nötige Kraft, wenn es so weit ist. Auf alle Fälle spüren wir Christen seine Gegenwart, seinen Beistand, seine Kraft und erleben seine Siege des Glaubens. Er ist dabei immer der Stärkere, der Weisere und der Sieger.

 

Die Botschaft und Prägung Gottes passt nicht in diese Welt und will doch uns Menschen erreichen, führen und leiten. Wer sich darauf einlässt, erlebt zwar oft innere Glaubenskämpfe und spannungsgeladene Zeiten. Aber er erlebt auch die Siege der Gottesbotschaft. Dabei sind uns die biblischen Größen Vorbilder zur Bewältigung ganz bestimmter Lebenssituationen. Und wir, jeder von uns, dürfen unsere eigenen Wege unter der Führung Gottes finden und gehen. Gott führt uns zum Ziel, zur Vollendung unseres Glaubens.