1. Korinther 12,12-14.26f; 1. Predigt:

 

" Wie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obwohl sie viele sind, doch ein Leib sind: so auch Christus. Denn wir sind durch einen Geist alle zu einem Leib ge­tauft, wir seien Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt. Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit. Ihr aber seid der Leib Christi und jeder von euch ein Glied. "

 

In der Bibel gibt es viele Bilder für das, was sich Gott auf dieser Erde schafft. Z.B. gibt es das Bild vom Weinberg, in den wir gepflanzt sind; oder das Bild vom Tempel als das Bauwerk Gottes oder von der heiligen Stadt Jerusalem; oder von der Herde mit dem Schafstall; oder auch von der Braut Christi.

Gerade in Korinth war die Einheit der Gemeinde sehr umstritten und gefährdet. Es gab dort Spaltungen, auf die Paulus wiederholt zu sprechen kommt.. Es waren echte Störungen, die den Zusammen­halt der Gemeinde gefährdeten. Deshalb bringt Paulus das Bild des Christusleibes. Es ist etwas Ganzes und doch auch sehr Individuel­les. Das Bild einer Kugel wäre auch etwas Ganzes, aber es fehlt das Individuelle.

Paulus will den Korinthern und auch uns heute verdeutlichen, dass der Leib Christi etwas Faszinierendes ist; aber niemals etwas Kompliziertes. Er weist darauf hin, dass wir diese Vielfältigkeit ak­zeptieren sollen, aber niemals etwas Kompliziertes daraus machen dürfen. Christus ist und bleibt allezeit das Haupt der Gemeinde, der Kopf dieser seiner Bewegung auf unserer Erde. In dieser Richtung brauchen wir nichts organisieren oder gar manipulieren. Und doch ist unser ganzes Einsatz gefordert und nötig. Klug und weise lebt der, der sich Christus ausliefert und in der Gemeinde treu seinen Platz ausfüllt. Finden wir uns in dieser Bewegung Gottes ganz ein. Es ist die Gemeinde das Modell und System des rechten Zusam­menlebens, das Gott bewirkt und eine göttliche Alternative zu allen anderen Systemen darstellt. Wer das akzeptiert, der bekommt die einzig wahre Lebenseinstellung und das rechte Verantwortungsbe­wusstsein.

Christus ist das Haupt. Nur diese unsere Christusbezogenheit gibt uns neuen Schwung und Mut und regelt in rechter Weise unser Zu­sammenleben. Was sich Gott schafft, ist inmitten dieser Welt eine total eigene Größe, darin aber wir Menschen als Einzelne und als Gemeinde zu den höchsten Ehren kommen. ›Der‹ Mensch ist wohl beraten, der in seinem Leben alles diesem Christus unterstellt. Er erfährt dessen Größe und Lebendigkeit, die ihm für sein ganzes Le­ben richtungsweisend sehr viel zu sagen hat. Dann ist Gott am Wir­ken und aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Dann verliert sich in unserem Leben das Komplizierte und Trennende. Ge­gengleich erleben wir eine Faszination, mit der wir alles in rechter Weise durchgehen und bestehen dürfen.

Dieses Bild vom Leib Christi bedeutet dreierlei: !) Christus ist das Haupt des Leibes, der einzig wahre Initiator echten Lebens. 2) Jedes Glied hat seine spezielle Aufgabe und Funktion mit Selbstwertge­fühl. 3) Das Ganze des Leibes ist etwas Vollkommenes und Faszi­nierendes.

 

1) Christus ist das Haupt es Leibes, der einzig wahre Initiator echten Lebens. Nehmen wir das Bild eines Autos, dann ist er der Motor alles echten, wahren Lebens auf dieser Erde. Nur mit ihm bekom­men wir die Kraft und Lebendigkeit. Ohne ihn wäre alles kraft- und saftlos; würde es nicht mehr weitergehen und wir könnten keine Lö­sungen mehr sehen. Aber zu unsrem Glück gibt es ihn; dürfen wir allezeit zu ihm eine lebendige Beziehung haben und damit auch um die Lösungen wissen. Haben wir allezeit zu ihm ein offenes und be­reitwilliges Herz. Lassen wir uns auf das ein, was er uns sagt und zeigt. Dahinter steckt eine Machtfülle, die uns alles gibt, was wir brauchen.

Diese Gegenwart Christi in unserem Leben darf für uns sehr aktuell sein. Es sind lebendigste Naherwartungen Jesu, bei denen uns Jesus näher ist, als uns je ein Mensch nahe sein kann.

Wir alle kennen Phasen, bei denen wir andere und auch uns selbst nicht mehr ausstehen können. Alles ekelt uns an. Wir haben ›Null Bock‹ auf ›alles‹ oder auf ›nichts‹. Unsere Christusbezogenheit gibt uns da wieder eine lebensbejahende Einstellung zu allem, was uns bewegt und begegnet. Wir wissen uns von ihm angenommen, ge­liebt und beauftragt. Wir erfassen wieder neu den Sinn unseres Da­seins und Alltags und bekommen alles anvertraut, was wir zum Le­ben und zum Sterben benötigen.

Über allem dürfen wir wissen, dass Jesus einen Plan hat, den er auch ausführt und in den er uns ganz einbindet. Und das ist das Faszinierendste an unseren Begegnungen mit Jesus. Er gibt uns nicht ABM- Maßnahmen, Beschäftigungen, damit wir etwas zu tun haben. Sondern er baut durch uns sein ewiges Reich. Das darf auch unser Lebensziel sein. So steht über unserem Leben diese Originali­tät Jesu, die uns täglich beglückt. Das kommt nie aus uns, sondern aus diesen täglichen Begegnungen mit ihm. Christus ist das Haupt des Leibes; der einzig wahre Initiator echten Lebens.

 

2) Jedes Glied hat seine spezielle Aufgabe und Funktion mit Selbstwertgefühl. Auch das ist eine Wirkung unserer Christusbezo­genheit, dass uns Gott ein Selbstwertgefühl gibt. Das hat aber über­haupt nichts mit Selbstverwirklichung, Egoismus und Hochmut zu tun. Sondern jeder darf seinen von Gott zugewiesenen Platz ganz ausfüllen und die ihm übertragenen Aufgaben wahrnehmen. Was wir auf das Anraten Jesu hin tun, hat immer einen Sinn und ist nie umsonst getan.

Gott gibt jedem seine eigene ganz spezielle Originalität. Und Gott will nicht, dass wir uns diese nehmen lassen. Auch sollen wir nie mit Neid auf andere sehen, die einen anderen Auftrag haben.

Lassen wir hier den Text sprechen, der zwischen unseren Predigt­versen steht; V 15-18.21-25: Wenn der Fuß spräche: Ich bin keine Hand, darum bin ich nicht Glied des Leibes, sollte er deshalb nicht Glied des Leibes sein? Und wenn das Ohr spräche: Ich bin kein Auge, darum bin ich nicht Glied des Leibes, sollte er deshalb nicht Glied des Leibes sein? Wenn der ganze Leib Auge wäre, wo bliebe das Gehör? Wenn er ganz Gehör wäre, wo bliebe der Geruch? Nun hat aber Gott die Glieder eingesetzt, ein jedes von ihnen im Leib, so wie er gewollt hat. Das Auge kann nicht sagen zu der Hand: Ich brauche dich nicht; oder auch das Haupt zu den Füssen: Ich brau­che euch nicht. Vielmehr sind die Glieder des Leibes, die uns die schwächsten zu sein scheinen, die nötigsten; und die uns am we­nigsten ehrbar zu sein scheinen, die umkleiden wir mit besonderer Ehre; und bei den unanständigen achten wir besonders auf An­stand; denn die anständigen brauchen´s nicht. Aber Gott hat den Leib zusammengefügt und dem geringeren Glied höhere Ehre gege­ben, damit im Leib keine Spaltung sei, sondern die Glieder in glei­cher Weise füreinander sorgen. Man könnte fortfahren: Die winzi­gen Drüsen in der Bauchspeicheldrüse regeln den Zuckerhaushalt. Ihr Ausfall bedeutet den Tod. Aber ohne Auge, Hand und Fuß kön­nen wir noch leben. Ein Arzt könnte hier noch viele Beispiele anfü­gen.

Gott gibt jedem Glied seinen Wert. Also Gott gibt die Gleichwer­tigkeit, aber nicht die Gleichartigkeit. Der andere muss nicht genau­so sein wie ich es bin. Und doch ist auch er von Gott für wert geach­tet.

Für uns persönlich heißt das, dass wir still und getrost das ausüben dürfen, was uns anvertraut worden ist. Am Anfang von Matthäus 6 heißt es: Habt acht auf eure Frömmigkeit! Das ist für uns Christen ein ganz wichtiger Punkt. Wir machen doch noch so vieles falsch. Aber wir können auch alles richtig machen. Gerade dafür gilt unser Einsatz und Tun. Nach Jes 58 lassen wir all das los, was wir als falsch erkennen und wir tun in aller Treue das, was wir als das Richtige erkennen. Damit ist unser Leben ganz ausgelastet und er­füllt. Jedes Glied hat seine spezielle Aufgabe und Funktion mit Selbstwertgefühl.

 

3) Das Ganze des Leibes ist etwas Vollkommenes und Faszinieren­des. Man könnte hierzu so viel Negatives sagen. Aber wir wollen uns bewusst dem Positiven zuwenden. Lassen wir uns weniger von dem beeindrucken, was uns vor Augen ist, sondern viel mehr von dem, was Christus unter uns tun will.

Natürlich ist an der Gemeinde auf dieser Erde sehr viel kümmerlich und notvoll. Gott lässt ja den Weizen und das Unkraut miteinander aufwachsen. Noch sehr vieles ist Beiwerk, das keinen Bestand hat. Und vielerorts haben sich Wölfe in Schafskleidern eingeschlichen. Und an den Stellen, an denen Gott eine Kirche baut, baut der Teufel daneben eine Kapelle auf. Und dieser Teufel geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge (1 Pt 5,8).

Der Leib Christi ist nicht mehr zum Scheitern oder zum Tode verur­teilt. Er hat in Ewigkeit Bestand. Wie viele ideologische Weltan­schauungen und Weltgebäude sind schon wieder vergangen und eingestürzt. Es ist noch nicht so lange her, dass einer ein tausend­jähriges Reich aufbauen wollte. Und nach ein paar Jahren war die­ser Spuk zu Ende. Aber die Gemeinde Jesu Christi gibt es immer noch und wird es immer geben. Und gerade der Weltuntergang stellt für sie die Vollendung dar.

Christus, Gott, hat alles recht gemacht. Nur der Mensch funkte ihm immer dazwischen. Aber Gott gibt nicht auf. Er macht auch heute alles recht. Und das gilt auch für die Zukunft unseres Lebens und alles Lebens. Er hat sehr wohl ein Gesamtkonzept, bei dem sich eins ans andere fügt. Und uns bindet er darin ganz ein.

Gerade die zwei Sakramente, die wir Evangelischen haben, ver­deutlichen unser verborgenes Leben mit Gott. Mit der Taufe, die den täglichen Glauben einschließt, haben wir Zugang zu diesem Leben. Und mit dem Abendmahl kommt Christus in unser Leben. Obwohl das etwas sehr Individuelles ist, ist es gleichzeitig mit dem großen Plan Gottes verbunden.

Die erste Schöpfung Gottes, die wir mit den Augen sehen und mit den Händen betasten können, ist leider zum Scheitern verurteilt, trotz aller Bemühungen zur Bewahrung der Schöpfung. Seit Ostern gibt es die Neuschöpfung Gottes, zu der Jesus alle Vollmacht hat. Was da geschieht, ist nicht mehr umzustoßen und steht endgültig fest. Gott ist ja nicht ein Hinterwäldler, sondern eine sehr aktuelle und fortschrittliche Größe. Er ist immer der Klügere, der Weisere, der Stärkere und Herrlichere. Und er setzt die Seinen sinnvoll ein und lässt es nicht zu, dass jemand sinnlos untergebuttert wird. Unter diesem Gesichtspunkt dürfen wir unser Christenleben sehen und verstehen. Wir sind nie den Realitäten enthoben, sondern bestens verpflichtet. Während die Menschen mit ihren Wissenschaften auch das erforschen, was uns Schaden zufügen kann. So sind wir Chris­ten nur dem verpflichtet, was zum Nutzen der Menschen dient. Das geht so weit, dass wir sogar das Böse mit Gutem überwinden dür­fen. Das Ganze des Leibes ist etwas Vollkommenes und Faszinie­rendes.

 

Allein diesem Reich Gottes wissen wir uns zugetan. Christus ist das Haupt dieser Gemeinde, der Kopf dieser Bewegung. Ihm leben und dienen wir. Das gibt uns täglich neuen Schwung und Mut, das von uns Geforderte auch ganz zu bringen, so wie es gerade möglich ist. Was sich da Christus schafft, ist inmitten dieser Welt eine total ei­gene Größe, darin aber wir Menschen als Einzelne und als Gesam­tes zu den höchsten Ehren kommen. Wir sind wohl beraten, wenn wir diesem Christus unser ganzes Leben unterstellen.