EPHESER  3,14-21;   PREDIGT:

 

Die Fürbitte des Apostels für die Gemeinde

„Ich beuge meine Knie vor dem Vater, der der rechte Vater ist über alles, was da Kinder heißt im Himmel und auf Erden, dass er euch Kraft gebe nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, stark zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen, dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne und ihr in der Liebe eingewurzelt und gegründet seid. So könnt ihr mit allen Heiligen begreifen, welches die Breite und die Länge und die Höhe und die Tiefe ist, auch die Liebe Christi erkennen, die alle Erkenntnis übertrifft, damit ihr erfüllt werdet mit der ganzen Gottesfülle. Dem aber, der überschwänglich tun kann über alles hinaus, was wir bitten oder verstehen, nach der Kraft, die in uns wirkt, dem sei Ehre in der Gemeinde und in Christus Jesus zu aller Zeit, von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. “

 

Paulus war Gefangener in Rom. Man nimmt an, dass er zusammen mit einem Wächter doch einiges unternehmen konnte. Aber das war dennoch nur eine kleine begrenzte Freiheit. Er saß doch die meiste Zeit in einer engen Zelle. Nun starrte er nicht trübsinnig die vier Wände an. Er hatte so quasi eine innere Luftbrücke, auf der er sich bewegen konnte. Und diese Luftbrücke konnte ihm niemand nehmen. Christen kennen alle diese Luftbrücke, egal in welcher Situation sie stehen. Sie ist immer vorhanden. Es kommt nur darauf an, dass wir sie benützen. Es ist eine Luftbrücke zum Reich der unbegrenzten Möglichkeiten und dem überschwänglichem Reichtum Gottes. Und gleichzeitig ist es eine Luftbrücke zur Fürsprache um Gottes helfende Gegenwart bei unseren Nächsten. Ganz kurz genannt ist es Anbetung und Fürbitte.

Ganz allgemein kann man sagen, dass das Leben mehr ist als alles Vordergründige und alles Äußere, mehr als Essen und Trinken, mehr als Arbeiten und Ruhen. Neben der Eroberung und Bewährung dieser äußeren Werte, dürfen wir uns auch die inneren und verborgenen Werte des Lebens erobern und aneignen. Gerade der, der beides im Blickfeld hat, die äußeren und inneren Werte, die vergänglichen und unvergänglichen Werte, der kann das Leben in rechter Weise bestehen. Und das ist letztlich auch der Sinn unseres Lebens, zu unseren Lebzeiten auf diesen beiden Schienen zu fahren, sie zu benützen und zu gebrauchen, uns diese zu erobern, anzueignen und uns darauf zu bewähren. Letztlich ergänzen sie sich gegenseitig. Z.B. ein gesunder Körper, eine gesunde Lebensweise verhilft uns sehr viel zur inneren Bewältigung all der vielen Anforderungen und Verantwortungsbereiche. Und gegengleich verhilft uns eine positive Lebenseinstellung sehr viel für alle äußeren Erledigungen und Begegnungen.

Als Menschen benötigen wir eine Faszination, eine Hoffnung, eine Inspiration, dem ich mein Leben und Einsatz widme und die über dem ganzen Leben steht. Vor dem verbeuge ich mich, beuge ich meine Knie. Als Christen kennen wir eine Faszination von unserem Gott dem Vater, von Jesus Christus und vom Heiligen Geist. Denn damit eröffnet sich uns ein großer Reichtum, eine Vielzahl von Lebensbewältigungen, die wir vorher nie vermutet hatten. Je mehr wir uns darauf einlassen, umso mehr werden diese. Da kommen wir an kein Ende. So kommt es, dass wir mit der Zeit diese Chancen und Möglichkeiten immer mehr benützen, ausschöpfen und auskaufen. Das bekommt eine immer größere Vorrangstellung in unserem Leben und Wirken. Und unser Leben bekommt einen ganz anderen Dreh, eine ganz andere Richtung.

Was hier Paulus von Gott erbittet, kann man in drei Bereiche zusammen fassen: 1) Unser innerer Mensch bekommt durch den Reichtum Gottes große Kraft und Stärke. 2) Christus siedelt sich in unseren Herzen an und damit kommt seine ganze Liebe zu uns. 3) Wir begreifen und ergreifen immer mehr die Dimensionen Gottes.

 

1) Unser innerer Mensch bekommt durch den Reichtum Gottes große Kraft und Stärke. Unsere Zufriedenheit oder Unzufriedenheit kommt letztlich aus unserem Innersten heraus. Wenn wir da keinen Frieden haben, dann produzieren wir ständig Frust, Streit, Hass, Gehässigkeiten, Kleinkrieg und Forderungen. Wir sind mit nichts zufrieden. Da ist im Leben irgend etwas schief gelaufen. Wenn da keine innere Wende geschieht, dann läuft auch alles schief und es bekommt kein gutes Ende.

Gott will das nicht und er schenkt uns diese Wende mit einem zielsicheren Wachstum in die richtige Richtung. Er gibt und vermittelt uns eine so große innere Kraft und Stärke, sodass kommen kann, was will, nichts wirft uns mehr aus der Bahn.

Unsere Gedanken sind zwar frei, die niemand erraten kann. Aber bei Gott sind sie alle offenbar. Man sagt ja: Alles, was wir uns wünschen, dafür setzen wir auch alles ein, um es zu bekommen. Und wir wissen nur zu genau, dass nicht alle unsere Wünsche und Sehnsüchte gut für uns sind. Schon da gilt es, sich zu entscheiden, welchen Wünschen und Sehnsüchten wir Raum geben und verfolgen. Gerade Gott gibt uns hierfür sehr wesentliche und wertvolle Hilfestellungen. Gerade unsere Beschäftigung mit seiner Herrlichkeit und seinem Reichtum, mit den Inhalten seines Wortes, geschieht solch eine klare innere Ausrichtung, Selektion, Sortierung für aufbauende, lebensweisende Gedanken und Vorhaben. Dann wissen wir, wozu wir leben, wozu wir überhaupt da sind, dass wir von Gott gewollt sind und er uns einen Auftrag gegeben hat. Dann bekommen wir durch Gottes Nähe und Berufung ein geheiligtes, ein von ihm durchwirktes Inneres.

Haben wir diesen Frieden im Herzen, dann wirft uns nichts mehr aus der Bahn. Dann kann von außen kommen, was will. Nichts wirft uns mehr um. Und wir können voll Schaffenskraft im täglichen Leben stehen. Dadurch steht ein gewisser Glanz mit Freude über unserem Leben, wodurch uns alles viel leichter von der Hand geht.

Das alles ist nur möglich, weil Gott für uns so viel bereit hat, das wir uns im Innersten erschließen dürfen und können. Mit dem Neuen Leben, das uns Gott gibt, erschließen sich uns wahrhaftig ganz neue Möglichkeiten, die wir sonst nie hätten. Und das wirkt sich immer zuerst auf unser innerstes Leben aus. Das motiviert uns so stark, sodass sich das mit der Zeit auf unser äußeres Leben auswirkt und dieses beeinflusst.

 

2) Der zweite Bereich vertieft das bis jetzt Gesagte: Christus siedelt sich in unserem Herzen an und damit kommt seine ganze Liebe zu uns. Im Text heißt es noch deutlicher, dass wir damit in der Liebe Christi eingewurzelt und gegründet sind. Im ersten Punkt liegt mehr das Gewicht auf der Änderung unseres Innersten. Hier liegt nun das Gewicht darauf, wie sich diese Änderung auswirkt. Wie dieses Neue in uns aussieht und was sie alles bewirkt.

Wenn sich Jesus in unserem Leben ansiedelt, dann haben wir in uns den kompetenten Sachverständigen für alle Lebensfragen, den von Gott General- Bevollmächtigten für alle Lebensgebiete. Dann haben wir in uns den, der im Himmel und auf Erden alle Macht besitzt. Gerade nach dem Johannes Evangelium hat Gott durch Jesus diese ganze Welt geschaffen. So darf uns Christen bewusst sein, - ohne hochmütig zu werden -, dass der, dem sogar das ganze Weltall zu klein ist, in unser Leben, in unser Herz einzieht. Der Höchste, Größte und Mächtigste verschmäht uns nicht. So wertvoll sind wir ihm.

Nun ist das keine Selbstverständlichkeit, keine automatische Sache und Angelegenheit. Damit hängen natürlich auch viele Aktivitäten zusammen, die ich zu erbringen habe: Meine Öffnung, meine Bereitschaft, meine Einwilligung, meine freudestrahlende Beugung und Verehrung mit dem dazu gehörigen Lobpreis. Dazu gehört, dass ich ihm selbstverständlich ohne Wenn und Aber das Ruder und Steuer meines Lebens überlasse. Dazu gehört, dass ich ihm alle meine Fragen, Anliegen, Nöte und Klagen bringe, um von ihm Antwort, Weisung und Trost zu empfangen. Und dazu gehört, dass alles, was mit Rückkopplung bezeichnet wird, vor ihm und mit ihm geschieht.

 Aber das Hauptgewicht und die Hauptfreude liegt darauf, dass sich Jesus in mir ansiedelt und ich in seiner Liebe nun einwurzle und mich darin gründe. Es steht also nicht mehr mein vielleicht „Dickes Ich“ im Mittelpunkt und Zentrum meines Lebens, sondern diese Stellung nimmt nun Jesus Christus ein. Und das bedeutet letztlich meine Rettung. Denn die Probleme und Schwierigkeiten kommen aus meinem „Dicken Ich“. Und wenn diese von außen kommen, branden sie normalerweise an meinem „Dicken Ich“ an. Wenn da aber Jesus Christus anzutreffen ist, haben sie plötzlich keinen Anpack mehr und müssen wieder weichen. Das ist keine Theorie oder Einbildung. Sondern das ist die Praxis aller praktizierenden Christen. Und damit verstehen wir auch, dass kein Christ auf der Strecke zurück bleibt. Jeder hat seinen Wert und seine ganz spezielle Bedeutung. Jeder ist ein Original Gottes.

 

3) Damit sind wir schon längst beim dritten Bereich: Wir begreifen und ergreifen immer mehr die Dimensionen Gottes. Im Text ist genannt: „Wir können mit allen Heiligen begreifen, welches die Breite und die Länge, und die Höhe und die Tiefe ist!“ Als Menschen kennen wir nur drei Dimensionen. Darauf ist alles in unserem Leben aufgebaut. Anders können wir gar nicht denken. Paulus nennt hier nun vier Dimensionen. Und er sagt sogar, dass die Heiligen das begreifen können. Das geschieht nun nicht mit unserem Verstand. Denn auch Paulus war einmal nach 2. Korinther 12,2 bis in den dritten Himmel, in das Paradies entrückt. Und da sagt er, dass er unaussprechbare Worte hörte, die kein Mensch aussagen kann. Was in unserem Text als 4. Dimension genannt ist, bestimmt gibt es bei Gott noch wesentlich mehr Dimensionen, das sind die Kinder Gottes im Himmel, Vers 15. Als Christen wissen und rechnen wir auch damit, mit der Dimension, mit dem Bereich der Heiligen und Engel, ohne dass wir dafür Spezialisten sein müssen.

Ganz allgemein kann man sagen: Gott hat wesentlich mehr Möglichkeiten, als es wir Menschen haben. Wenn Gottes Energie dieses großartige Weltall geschaffen hat, das ja so stark energiegeladen ist, dann kennt Gott keine Energieprobleme. Wenn Gottes Weisheit die Faszination des Makro- und des Mikro- Kosmoses ins Leben gerufen hat, dann hat Gott keine Weisheitsprobleme. Die Probleme liegen alle auf unserer Seite, nie auf der Seite Gottes. Und jeder Christ darf daran nun Anteil haben. Er darf das, - natürlich geschieht das nur stückweit -, begreifen und ergreifen. D.h. keine unserer Anliegen ist nun zu groß oder zu klein, dass wir nicht durch Gott weiter voran kämen. Da vertrauen wir ihm ganz. Schade ist natürlich, wenn wir ihn falsch verstehen oder überhaupt keine Verbindung zu ihm mehr haben. Dann stagniert natürlich alles. Aber wer im rechten Hören steht, für den reiht sich eine Führung Gottes an die andere. Und im Nachhinein geht das sogar in rasanter Weise, sodass wir davon ganz überwältigt sind.

Paulus ist hier im Gefängnis so überwältigt, dass ihm die Fesseln und der begrenzte Raum gar nichts ausmachen. Für ihn sind momentan all die Fragen aktuell, was mit der jungen Gemeinde in Ephesus passiert. Zuerst bittet er Gott, dass er sich darum kümmert. Und dann schreibt er diesen Brief. Und er ist sich sicher, dass Gott das Weitere tut. Dasselbe dürfen auch wir tun. Wir sind von Gott so fasziniert, dass wir zuerst im Gebet unsere Anliegen vor Gott bringen, uns hier abklären, uns echt informieren und dann Gott in der Bittform alles anvertrauen, was weiterhin geschieht. Und das überträgt sich dann auf all unser äußeres Tun. Die Dimensionen und Möglichkeiten Gottes treten damit in Aktion.

 

Kennen und benützen wir diese beiden Luftbrücken? Es gibt diese Luftbrücke zum Reich der unbegrenzten Möglichkeiten und dem überschwänglichen Reichtum Gottes. Und es gibt diese Luftbrücke zur Fürsprache um Gottes helfende Gegenwart für unsere Nächsten: Anbetung und Fürbitte. Weil sich Christus in unserem Herzen angesiedelt hat, enden diese Luftbrücken nicht im Nichts, sondern in unserem Herzen, in unserem Innersten bei ihm, der uns recht leitet und führt.