GALATER 2,16-21;    PREDIGT:

 

" Weil wir wissen, dass der Mensch durch Werke des Gesetzes nicht gerecht wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus, sind auch wir zum Glauben an Christus Jesus gekommen, damit wir gerecht werden durch den Glauben an Christus und nicht durch Werke des Gesetzes; denn durch Werke des Gesetzes wird kein Mensch gerecht. Sollten wir aber, die wir durch Christus gerecht zu werden suchen, auch selbst als Sünder befunden werden; ist dann Christus ein Diener der Sünde? Das sei ferne! Denn wenn ich das, was ich abgebrochen habe, wieder aufbaue, dann mache ich mich selbst zu einem Übertreter. Denn ich bin durchs Gesetz dem Gesetz gestorben, damit ich Gott lebe. Ich bin mit Christus gekreuzigt. Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir. Denn was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat und sich selbst für mich dahingegeben. Ich werfe nicht weg die Gnade Gottes; denn wenn die Gerechtigkeit durch das Gesetz kommt, so ist Christus vergeblich gestorben. "

 

Unser Glaube an Jesus Christus ist die Achse des Evangeliums, um die sich alles dreht. Dr. Martin Luther sagte dazu: Das ist der Punkt, an dem die Kirche und die Gemeinde steht oder fällt.

Für uns Christen ist es ja auch die größte Lebenserfahrung, dass wir gerade mit unserem festen Glauben, Zutrauen und Vertrauen zu Jesus Christus den gnädigen Gott erleben und wir auch diesen verkündigen und bezeugen dürfen.

Da unser Menschsein immer von dem Leistungsdenken geprägt sein wird: Willst du etwas sein, dann musst du etwas leisten, so ist es ganz menschlich, dass wir dieses Leistungsdenken auch immer wieder auf unser geistliches Leben übertragen. Sogar Jesus sagt im Gleichnis vom Weltgericht, Mt 25,40: Was ihr einem von diesen meinen geringsten Brüdern getan habt, das habt ihr mir getan. Und Jesus sagt weiter, dass diese zu seiner Rechten stehen, dass sie die Gerechten sind. Und doch sagt Jesus in der Bergpredigt, Mt 5,20: Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.

Gerade die Schriftgelehrten und Pharisäer vollbrachten die höchste Stufe der religiösen Leistungen; höher kann man hier nicht mehr reizen, die Erfolgsleiter erklimmen.

Also muss Jesus hier mit dieser Gerechtigkeit etwas anderes gemeint haben; mit dieser Gerechtigkeit, die allein aus dem Glauben kommt und nie durch die Werke des Gesetzes, unserer Leistungen.

Gleich am Anfang will ich betonen, dass hier nicht der Faulheit das Wort gesprochen wird. Gerade als Christen sind wir sehr aktiv und sind wir bis zum Letzten gefordert, unser ganzes Leben einzusetzen. Und wem hier viel gegeben ist, von dem wird auch sehr viel gefordert. Aber für einen Christen sind das keine Eigenleistungen mehr, sondern ich habe dafür bis jetzt noch keinen besseren Begriff gefunden: es sind lauter Erlaubnisse, Erlaubnisse höchster göttlicher Natur. Wenn ich an Jesus glaube, in einer vertrauensvollen, festen Lebensverbindung zu ihm stehe, dann muss ich nicht mehr etwas tun, sondern ich darf mein ganzes Leben für ihn einsetzen, aus Dank und Liebe für seine Erlösung, für seine Gerechtigkeit, die er mir schenkt. So verstehe ich auch jedes Gebot Gottes: "Du sollst. ..!" Dies ist nicht eine Zwangsjacke, in die ich eingezwängt bin; sondern Jesus legt seine Hände auf mich und sagt: "Du sollst. ..!" Du sollst frei werden und frei sein von aller Macht der Sünde, der Gottestrennung; und du sollst frei werden und frei sein zum echten Gottesdienst, zum lebendigen Opfer. Und das sind lauter Erlaubnisse unter den göttlichen Regeln.

Weil wir aber vom Leistungsdenken so stark geprägt sind, wird hier von uns eine Gesinnungswandlung und -erneuerung gefordert.

Diese Sätze des Predigttextes stammte aus dem Apostelkonzil in Antiochien, bei dem damals die führenden Vertreter der Urgemeinde versammelt waren. Petrus war der Leiter der Judenchristen und Paulus der Leiter der Heidenchristen. Es ging um die Frage: Was zum Heile nötig ist. Und unerwartet bietet sich Paulus ein praktisches Beispiel, das ihm als Anstoß für diese Aussagen in unserem Predigttext diente: Petrus pflegte zuerst auf diesem Konzil die Tischgemeinschaft beim Essen mit allen Anwesenden. Und mitten bei dieser Tagung zog er sich zurück und aß nur noch mit den Judenchristen. Paulus tadelte ihn deshalb öffentlich vor alle, und  sagte dann diese Sätze.

So war für den Glauben des Petrus zwar einmal eine Grundsatzentscheidung zur Gesinnungswandlung und  Erneuerung gefordert. Aber dann war es für ihn eine immer wiederkehrende Entscheidung, sogar und gerade als Verantwortlicher und Leiter der damaligen Gemeinde. Und das galt natürlich auch für Paulus selbst und für die gesamte Urgemeinde. Auch heute noch hat dies volle Gültigkeit.

Bei dieser Gesinnungswandlung und -erneuerung kennen wir drei Erfahrungen: 1) Mit unseren Werken schaffen wir es nicht, 2) sondern allein mit unserem Glauben. 3) Christus ist dann der Motor unseres Lebenseinsatzes.

 

1) Die erste Erfahrung: Mit unseren Werken schaffen wir es nicht. Unsere Werke des Gesetzes machen uns nicht gerecht. Gerade beim Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner, die beide im Tempel beten, heißt es, dass der Zöllner gerechtfertigt war, der Pharisäer aber nicht. D.h. so hoch wir auch mit unseren Werken und Leistungen pokern und schachern, unser Heil und unsere Seligkeit schaffen wir damit nicht. Wer darauf seine geistliche Hoffnung setzt, der muss spätestens am Jüngsten Tage seinen Bankrott und Konkurs anmelden. Das Gebet des Pharisäers triefte nur so von Eigenlob und von der Abgrenzung gegenüber anderen Menschen, sodass das Urteil Gottes heißt: Damit kann er sich nie rechtfertigen, das hilft ihm überhaupt nicht zu seinem Heil. An anderen Stellen sagt Jesus zu solchen Menschen: Geht weg von mir, denn ich kenne euch nicht. Im weltlichen Bereich sagt man dazu: Eigenlob stinkt!

Prüfen wir uns immer wieder, wo sich bei uns dieses Leistungsdenken eingeschlichen hat und wehren wir den Anfängen. Klage ich Gott im Gebet die Schlechtigkeiten der anderen Menschen, dann bin ich solch ein Pharisäer. Erzähle ich beim Zusammensein mit meinen Mitchristen nur von mir selbst, was ich alles kann und bin, dann bin ich fehl am Platze. Zeige ich noch mit Fingern auf andere, auf Dritte und lasse ich mich über ihre Schlechtigkeiten aus, dann gilt es eiligst Buße zu tun. Mache ich meine eigene geistliche Lebensform für andere zur Verpflichtung, - ausgenommen ist hier nur der Glaube an Jesus Christus - , dann bin ich noch ein falsches Vorbild. Z.B. wenn gesagt wird: Wenn du nicht in Zungen redest, dann bist du kein Christ; wenn du nicht früh um 6.00 Uhr aufstehst...; wenn du nicht dein tägliches Pflichtgebet erfüllst...; und so könnte man noch viele, viele Forderungen anfügen. Wohl bemerkt, das ist nur dann falsch, wenn ich es für andere zur Verpflichtung mache; für mich selbst kann es schon sein, dass so etwas zu meinem geistlichen Lebensstil gehört. Aber vor Gott gerecht werde ich damit nicht. Das Heil Gottes erlange ich damit nicht. Wer deswegen noch stolz auf sich selbst ist, der hat seine tiefen Abgründe noch nicht erkannt. Wer meint, es immer besser zu wissen, der hat die Weisheit Gottes noch nicht begriffen. Er ist eigentlich ein armer Tropf und ihm würde eine innerliche totale Kehrtwendung sehr gut tun. Damit können wir nicht aus unseren verzwickten Lagen gerettet werden. Damit kennen wir letztlich nicht den Ausweg aus unserer Misere und kommen keinen Schritt voran.

Gottes Augen sind hier wie Adleraugen, die uns ganz durchschauen und unsere Urgesinnung erkennen. Allein diese Gesinnung des Zöllner: Gott, sei mir Sünder gnädig, kann uns weiterhelfen. Aber alles Lob über uns und ebenso alle Klage über unsere Mitmenschen ruft nicht Gott auf den Plan und wir versinken gar in unserer Selbstgerechtigkeit, Selbstfindung und Selbsterlösung. - Mit unseren Werken schaffen wir es nicht.

 

2) Nur die Erfahrungen schenken eine Wandlung und Erneuerung, wenn wir im Glauben, im festen Vertrauen zu Jesus Christus stehen. Das ist im Predigttext 5 Mal erwähnt, direkt und indirekt. "Durch den Glauben an Jesus Christus werden wir gerecht." Hiermit ziehe ich um, aus der Behausung der Selbstgerechtigkeit in das Gnadenschloss Gottes. Und nur damit öffnen sich mir die Dimensionen und die Größe Gottes. Gottes Adlerblick erkennt sofort diese meine innere Wandlung. Und ihn hält es nicht mehr, in der Reserve zu bleiben, sondern er kommt mit Riesenschritten auf mich zu; auf uns zu und bereitet und benützt unser Leben. Für uns persönlich gesehen sind damit weltbewegende Erfahrungen verbunden, bei denen wahrhaftig unsere selbst zusammen gebastelten Meinungen und Vorstellungen wie ein Kartenhaus einstürzen. Dagegen setzt Gott ein Bauwerk mit ewig gültigen Maßstäben und Richtlinien, in das wir mit eingebunden werden.

Hier verändert sich gewaltig die Grundausrichtung unseres Lebens, denn damit sind wir eine neue Kreatur, das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. Jesus sagt dann zu uns: Siehe, ich mache alles neu!

In Bezug auf die heiß begehrten Ziele dieser Welt, auch der religiösen, sind wir gestorben. Sie interessieren uns nicht mehr. Und für die vielen verwerflichen Praktiken sind wir nicht mehr zu haben. Alle verlockende Werbungen dieser Welt, die letztlich Knechtschaften bedeuten, greifen nicht mehr. Denn die Grundausrichtung unseres Lebens hat sich gewaltig verändert: Wir haben bei Jesus den einzig wahren festen Halt gefunden. Seine Erlösungstat ist das Fundament, das nie mehr wankt. Darauf haben wir uns retten lassen. Jesus ist nun der Herr unseres Lebens geworden, der uns bestimmt, führt und leitet.

Mich wundert es nicht, wenn unsere offizielle Kirche die Evangelikalen nicht mag. Denn eine Kirche, die nicht mehr nach dem Glauben fragt und teilweise das Bekenntnis des Glaubens außer acht lässt, entzieht sich der Fürsorge Gottes. Wo es aber Gemeinden gibt, Bibelkreise und Hauskreise, die die echten Glaubensschätze erfahren, da kann Gott auch etwas tun und wirken. Ihnen macht es nichts aus, wenn sie von der Welt und Kirche als die Unmündigen abgestempelt werden, denn nach Mt 11,25 ist gerade ihnen das Geheimnis Gottes offenbart. Als die Mühseligen und Beladenen, die in echter Weise die Mühsalen und Lasten tragen, kommen sie täglich zu Jesus und werden von ihm erquickt.

Für uns Christen bedeutet die Gnade Gottes alles, die wir nach Vers 21 nicht wegwerfen, sondern fest ergreifen. Die Krücken unserer Selbstgerechtigkeit werfen wir wohlweislich weg und ergreifen diese inneren von Gott geschenkten Kräfte und Stützen seiner Gnade. So wie ein Schiffbrüchiger ein ergattertes Brett loslässt, wenn ihm ein Rettungsring zugeworfen wird.

Mit unserem echten Glaubensleben öffnen wir uns für Gottes Wirken und Seligkeit weit. Und wir empfangen damit auch Gottes Gegenwart und Zusagen.

Bedenken wir allezeit, dass sich Gottes Angebot nach unserer Glaubensnachfrage und -nachfolge richtet. Wenn wir wenig glauben und vertrauen, erfahren wir auch wenig. Je mehr Glauben und Vertrauen wir haben, umso mehr dürfen wir unser Leben nach Gottes Art und Weise bewältigen. Verstehen wir das nicht falsch: Wir brauchen keinen "großen" Glauben, aber einen beständigen Glauben an den "großen" Gott. Der Gegensatz zum Kleinglauben ist nicht der Großglaube, sondern ein beständiger Glaube.

Als Christen haben wir ja kein einfacheres Leben als andere, aber auch kein komplizierteres, sondern ein qualifizierteres Leben. Wir dürfen als die Kinder Gottes leben und haben damit freien Zugang zu Gott und Gottes Paradies. Das ist die Gnade in unserem Leben. Wir haben deshalb nicht eine todsichere Methode, dann wäre es ja kein Glaube mehr, sondern schon ein Sehen. Aber wir sind auf dem richtigen Weg und wissen, dass uns Jesu Gnade nicht verlässt, sondern uns gewiss in alle Zukunft hinein führt. Jesu Wort hält, was es verspricht. Und das genügt vollkommen für unser Glaubensleben. Damit können wir die falschen Wege erkennen und verlassen. Und damit können wir die wahren Wege erkennen und gehen. In jeder Situation dürfen wir uns zu den wahren Entscheidungen durchringen, auch wenn dadurch Scheidungen nötig würden. Und das macht unser Leben lebenswert. - Allein mit solchem Glauben werden wir gerecht.

 

3) Die dritte Erfahrung unserer Lebenserneuerung besteht darin, dass Christus zum Motor unseres Lebens wird. Echter Glaube bringt größere Werke hervor, als es unser Leistungsstreben tun könnte. Solcher Glaube schläfert uns nicht ein und macht uns auch nicht zu lebensscheuen Menschen, sondern zu sehr aktiven Mitbürgern dieser Welt. Denn von dieser Stellung aus, von der Warte des Ewigen, des Allmächtigen und Allwissenden kann ja uns Menschen dieser Welt entscheidend geholfen werden. Wir dürfen echte Lösungen anbieten. Wir sind Botschafter an Christi Statt. Seitdem der Missionsbefehl gilt, gilt für uns der Einfluss Jesu, dem im Himmel und auf Erden alle Macht gegeben ist. Jesus sagt: Wer euch hört, der hört mich. Was ihr auf Erden binden und lösen werdet, soll auch im Himmel gebunden und gelöst sein. Weil wir einen göttlichen Auftrag haben, steht dahinter auch ein göttlicher Motor, dem die Energie nie ausgeht. Jes 40,29ff: Gott gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden... Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden. Unermüdlich und unerschöpflich dürfen wir am Werke sein. Keine auch noch so schwere Anforderung darf uns aus der Bahn werfen, sondern wir dürfen ihr durch Gottes Gnade gewachsen sein. Wir scheuen uns nicht, in die Niederungen des Lebens hinab zu steigen, um denen zu helfen, um die sich sonst keiner kümmert; und um die Dienste zu tun, um die sich sonst alle drücken. Eigenartig, aber nicht wesensfremd ist es auch, dass aus allen unseren Leidenschaften Leidenskräfte werden. Hiermit geschieht echte und sinnvolle Sublimation unserer Lebenskräfte, die sinnvoll eingesetzt werden. Unsere Leibesglieder setzen wir für die Gerechtigkeit Gottes ein. Somit wird unser Leben zu einem lebendigen Opfer, das Gott wohlgefällig ist.

Gott dagegen schenkt uns die "guten" Früchte unseres Lebens. Nach der Offenbarung dürfen wir 12 mal mehr oder 12 mal öfters Früchte tragen, als wir es ohne Gott fertig brächten und leisten könnten.

Das Leben Jesu ist neben der Erlösung auch unser Vorbild für unsere Dienste. In den verschiedensten Situationen zeigt er uns seine Erweise der Liebe. Er brachte die göttliche Liebe, die sich für alle einsetzt, die sich ihm öffnen. Davon dürfen wir täglich lernen. Unser ganzes Leben lang lernen wir da nicht aus. Im Auftrag Jesu gibt es immer wieder etwas zu lassen und zu tun. Erst mit unserem von Gott gewollten Tod sind wir damit fertig. - Jesus Christus ist der Motor unseres Lebens.

 

Hoffentlich verstehen wir diese Inbrunst des Paulus recht, mit der er seinen Glauben an Jesus Christus vertritt und bezeugt. Dieser Glaube ist die Achse des Evangeliums, um die sich alles dreht. Das ist der Punkt, an dem die Kirche und die Gemeinde steht oder fällt. Lassen wir uns von unserem Leistungsdenken befreien und stoßen wir täglich zu diesem Glauben durch. Und werfen wir dann diese Gnade nicht weg, die uns Jesus zuteil werden lässt. Dann wird auch der Glaube an Jesus Christus der Motor im Alltag unseres Lebens sein. Vers 20: Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir. Denn was ich jetzt im Fleisch lebe, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat und sich selbst für mich dahingegeben.