PHILIPPER 2, 5-11; PREDIGT:

 

" Seid so unter euch gesinnt, wie es auch der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht: Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt. Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz. Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist, dass in dem Namen Jesu sich beugen sol­len aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters. "

 

Dieses sog. Christuslied war das Glaubensbekenntnis der Jungen Kirche. Paulus hat dieses in seinem Philipperbrief mit eingeflochten. Die Kirche Jesu Christi ist inmitten dieser unserer Welt eine eigenständige Größe. Sie ist von ganz anderer Gestalt, als wir es normalerweise gewöhnt sind. Da gibt es keine Könige oder Chefs auf dieser Erde. Nur Jesus ist der Kyrios, der Höchste, der Größte, der Kopf dieser Bewegung.

Eine Kirche, die sich dieser Welt anpasst, ist keine Kirche mehr. Eine Kirche, die in dieser Welt » die « bestimmende Größe sein will, weiß nichts mehr von ihrem eigentlichen Auftrag, den sie hätte. Eine Kirche, die im Kleinen oder Großen die Weltherrschaft anstrebt, steht auf verlorenem Posten. Denn die Kirche Jesu Christi steht zwar mitten in dieser Welt, aber sie ist nicht von dieser Welt.

Diese Kirche bildet sich immer wieder neu. Immer wieder beruft und bereitet sich Christus die Seinen. Man kann nie sagen, dass sie auf verlorenem Posten steht. Denn sie geht den Weg der Vollendung dessen, das sich Jesus im Verborgenen bildet und schafft. Die einzelnen Glieder der Gemeinde haben beides im Blickfeld: Auf der einen Seite sind sie für die Menschen offen, die Jesus neu hinzufü­gen will. Auf der anderen Seite bilden sie eine starke Gemeinschaft, die füreinander da ist und die Bereitschaft aufbringt, die ganz an­dere Art des Reiches Gottes zu leben.

Jesu Botschaft hört man nicht auf den Gassen und Straßen dieser Welt. Auch wenn ab und zu in den Medien Gottesdienste übertra­gen werden, so ist das doch die ganz große Ausnahme. Und doch kann man auf den Gassen und Straßen dieser Welt das Bekenntnis der Glaubenden hören. Das ist ein ganz wichtiger Punkt der Glau­benden, dass sie dieses Glaubensbekenntnis vom Dreieinigen Gott vor diese Welt tragen. Auch wenn sehr viele dies nicht ernst neh­men und manche darüber lachen, werden doch dadurch einige zur Gemeinde gerufen.

Der Gegensatz zwischen Welt und Gemeinde bleibt für alle Zeit bestehen. Aber Menschen können die Fronten wechseln. Jesus will, dass die Einzelnen für sein Reich gewonnen werden. Überwältigte von der Größe Jesu lassen sich von dem Sieg Jesu mitreißen und stehen mit ihrem ganzen Leben ihm zur Verfügung. Und Jesus be­nützt und gebraucht auch solches Leben für seinen Siegeszug auf dieser Erde. Wir brauchen nur in seiner Gesinnung leben und schon sind wir an seinem Siegeszug beteiligt.

Nach diesem Christuslied, diesem Glaubensbekenntnis, gibt es drei Inhalte: 1) Jesus vollbrachte freiwillig Beugung und Erniedrigung. 2) Gott, der Vater, erhöhte Jesus als den Höchsten über Alles und Alle. 3) Diese Gesinnung und Größe Jesu hat für uns Christen sehr viele Konsequenzen.

 

1) Jesus vollbrachte freiwillig Beugung und Erniedrigung (V 6-8). Er vollbrachte die gehorsame Beugung vor seinem Vater und die bereitwillige Erniedrigung unter uns Menschen. Das ist der erste In­halt dieses Bekenntnisses, darüber wir ein Lied anstimmen. Was keinem Menschen normalerweise einfallen würde, das tut Jesus Christus. Er geht den umgekehrten Weg, als ihn wir Menschen gehen würden. Auch ist ihm von vornherein klar, was ihn dabei erwartet: Hohn, Spott, üble Nachrede, Verfolgung und den Tod.

Immer wieder trat der Versucher zu Jesus und lockte ihn mit schillernden Angeboten, um ihn von diesem Demutsweg abzubringen. Als Zwölf-Jähriger im Tempel trat Jesu große Weisheit zutage. Wenn er dies ausnützte, dann hätte er eine steile Karriere vor sich. Aber nein, er ging wieder heim und lernte » nur « ein Handwerk. Als er 30 Jahre alt war und sich 40 Tage lang auf seine Wander­schaft vorbereitete, trat am Schluss der Teufel zu ihm und sagte: Tue doch etwas Spektakuläres; und schon liegt dir die ganze Welt vor Füßen. Aber Jesus tat es nicht. Immer wieder traten ähnliche Versuchungen an ihn heran. Aber Jesus blieb gehorsam. Noch als Jesus am Kreuz hing, schrie die Menge: Steig herab, dann glauben wir, dass du Gottes Sohn bist. Aber Jesus stieg nicht herab.

Um unseretwillen tat er dies. Jesu Liebe und Erbarmen bewirkte sein Kommen in diese Welt und diese Treue zu seinen Vorhaben. Nie wollte er seine eigenen Vorteile haben. Er tat alles für uns Menschen und natürlich auch für den Aufbau des Reiches Gottes. Jesus will dadurch wieder heil machen, was so unheil geworden ist. Er will retten, was verloren ist. Was wir Menschen vermasseln, das bringt er wieder zurecht. Er wetzt die Scharten aus, die wir geschlagen haben. Er bezahlt die Schulden und Schäden, die wir verursachte haben. Wer diese Erlösung Jesu annimmt, für den gilt diese auch.

Normalerweise vermuten wir Menschen es nicht, dass von höchster Stelle her jemand da ist, der sich so für uns einsetzt. So sind wir Christen zuerst einmal Überwältigte von der großen Fürsorge Jesu. Wir dürfen von dem Einsatz Jesu so ergriffen sein, sodass wir darüber Augen, Mund und Ohren weit öffnen.

Man kann schon einmal sagen: Die Tränen der Liebe Jesu über­strömen diese Welt. Natürlich gibt es in millionenfacher Ausgabe auch viele andere Tränen. Aber Jesu Tränen sind die einzigen, die Vollmacht in sich bergen, weil er Gottes Sohn ist. Sein Erbarmen und Trost ist nicht umsonst, sondern greift, hilft und führt uns wei­ter. Er hat immer einen Rat, eine Hilfe, eine Antwort, eine Alternative und einen Weg für uns. Und wenn es nötig ist, trägt er uns durch allen hindurch. Jesu offene Art darf uns gewiss sein. Wohl dem, der diese Art Jesu erkennt und akzeptiert.

 

2) Gott, der Vater, erhöhte Jesus als den Höchsten über Alles und über Alle (V 9-11). Das ist der zweite Inhalt unseres Bekenntnisses von Jesus Christus, darüber wir ein Lied anstimmen!

Können wir von dieser Größe Jesu zeugen? Wie sieht unser Stehen im Alltag aus? Wie verkraften wir all das, das auf uns zukommt und von uns erledigt sein will? Stehen wir da im geistlichen Verständnis auf der Seite der Sieger oder auf verlorenem Posten? Wissen wir, was momentan dran ist und wovon wir einen weiten Abstand zu halten haben? Wissen wir, wo unser Auftrag und wo die Versu­chungen liegen? Können wir allezeit unterscheiden zwischen den Faszinationen des kommenden Reiches Gottes und den Faszinatio­nen der vergehenden Welt?

Jesu Größe ist so gewaltig, sodass wir gerade in unserem Alltag da­von sehr eingenommen sind. Sie bestimmt und prägt unser gesamtes Leben. Wenn wir das Radio aufdrehen und irgendwelche Art von Volksmusik hören, dann ist das bestimmende Element die Liebe unter uns Menschen. Diese wird in der Musik idealisiert und glorifiziert. Und doch bleibt sie für viele ein Wunschdenken, das sie nie erreichen. Für uns Christen tritt da eine gewisse Sublimation im Glauben ein. Weil die ganze Wahrheit dahinter steht, dürfen wir die Liebe Jesu zu uns und unsere Liebe zu ihm idealisieren und glorifi­zieren. Denn diese Liebe darf sich unter uns verwirklichen. Sie bleibt kein Wunschdenken, sondern wird blutige, faszinierende Realität.

Die Gemeinde verehrt einzig und allein diesen erhöhten Jesus. In den Gottesdiensten stimmt sie mit in den Lobpreis ein, der um den Thron Gottes erschallt. Sie weiß um diesen Machtbereich Gottes, der einzigartig groß, gewaltig und herrlich ist. Für sie ist das » die « Wirklichkeit, die über allem anderen steht.

Allein das ist und bleibt unsere Faszination im Alltag unseres Le­bens. Dieses Wissen um die Größe Jesu lässt uns ganz anders im Alltag stehen, als wir es ohne diesem Wissen tun würden. Und damit sind wir schon längst bei Punkt drei:

 

3) Diese Gesinnung (1.) und Größe Jesu (2.) hat für unser Christen­leben sehr viele Konsequenzen ( V 5 ). Seid so unter euch gesinnt, wie es auch der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht! Weil Je­sus Christus sich so verhalten hat und so erhöht worden ist, deshalb setzen wir Christen mit unserer Jesus-Nachfolge auf die richtige Karte und gewinnen. Nun ist aber unser Leben kein Glücksspiel normaler Art. Es ist ein Angebot, das für » Alle « möglich ist, nicht nur für ein paar profilierte Persönlichkeiten und Größen. Sondern auch die Armen, Geringen, Kranken und Mühseligen haben dazu Zugang.

Beim Gleichnis von der königlichen Hochzeit heißt es am Schluss: Viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt (Mt 22,16). Auch in Bezug auf das Reich Gottes gibt es viele Tragiken, die aber alle auf unserer Seite und nicht auf der Seite Gottes liegen. Paulus muss auch hier in diesem Brief ganz stark daran erinnern, was sie in ihrem Glaubensbekenntnis aussprechen und doch nicht leben. Kurz vor diesem Text spricht Paulus starke Ermahnungen aus! Er sagt z.B.: Seid einmütig und einträchtig! Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen. In Demut achte einer den anderen höher als sich selbst. Ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient! Auch nach diesem Text bringt Paulus Ermahnungen: Schaffet, dass ihr selig werdet, mit Furcht und Zit­tern! Er nennt im gleichen Atemzug auch die Grundlage dazu: Denn Gott ist`s, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen nach seinem Wohlgefallen. Noch viele andere Ermahnungen fügt er an.

Was Christus für unser Leben bedeutet, ist zuerst einmal eine in­nere, verborgene Angelegenheit. Deshalb pfeifen viele darauf und erwählen sich viel lieber die äußeren, sichtbaren Vorteile und Lebensweisen. Dabei ist das so töricht. Denn als praktizierende Christen wissen wir um diese innere Kraft und Stärke. Wir ver­trauen Jesus unser ganzes Leben an. Wir vertrauen seiner Führung, Leitung und Fürsorge. Und das prägt und bestimmt unser ganzes Leben. Da gehen wir auf einmal Wege, die wir sonst verabscheut haben und nie gegangen wären. Da öffnen sich uns aber auch Wege, die wir nie vermutet hätten und uns so glücklich und froh stimmen. Da erleben wir den Einfluss Jesu, der überall der Herr des Lebens ist.

Gerade wir Christen erleben im Verzicht und in der Hingabe ein erfülltes Leben. Und gerade in Bezug auf das Reich Gottes und beim Aufbau der Gemeinde sind wir nie betriebsblind, sondern betriebsoffen und betriebsorientiert. So wie es Christus für uns ersehen hat, so setzen wir uns ein. Wir sind ja Werkzeug in Jesu Hand; ein Laut­sprecher, durch den Jesu Stimme erschallt; ein Batzen Ton, den Jesus formt und gestaltet; ein Mensch, der von Jesus geführt, geleitet, geprägt, geschützt und vollendet wird. Uns geht es nicht mehr um die Selbstverwirklichung, sondern um solche Jesus-Hingabe und Jesus-Nachfolge. Das von ihm Gesagte, Gewiesene und Gehörte leben wir aus und setzen es in die Tat um. So springt die Gesinnung Jesu auf unser Leben über.

 

Als Gemeinde Jesu Christi sind wir inmitten dieser Welt eine eigenständige Größe. Jesus Christus ist unser Kyrios, unser Herr, der Größte und Höchste, der Kopf unserer Bewegung. Heute erkennt und lebt das die Gemeinde. Und wir schämen uns nicht, diesen unseren Glauben auch zu bekennen. Wir bekennen damit, dass das Evangelium eine frohe Botschaft ist, die alle selig macht, die daran glauben (Rö 1,16). Alle laden wir dazu ein, auch diese Ge­sinnung anzunehmen und auszuleben. Später am Jüngsten Tag, werden das einmal auf dieser Erde alle erkennen.