Philipper 4,4f; PREDIGT:

 

" Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe! "

 

Als Christen erleben wir die Inhalte göttlicher Freuden, die ganz anders geprägt und gepolt sind als die menschlichen Freuden. Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob wir uns mit unseren Freuden an einen Menschen oder an Gott binden. Denn die Menschen fordern und enttäuschen uns. Gott dagegen schenkt tiefe Erfüllung und echten Trost. Unsere menschlichen Freuden sind noch sehr von unserer Selbstsucht geprägt. Da erleben wir nur ganz kurze Freuden und Seligkeiten. Unser Verlangen danach wird nur für kurze Zeiten erfüllt und steht danach umso größer unerfüllt vor uns. Gott schenkt uns dagegen in Jesus Christus faszinierende Köstlichkeiten, die unser Herz und Leben frei und froh machen und überquellen lassen. Es sind erlebbare köstliche Freiräume, die wir immer wieder betreten dürfen. Als Christen erleben wir eine Fülle der Reichtümer Gottes, darunter die Reichtümer dieser Welt verschwindend klein werden. Die Reichtümer dieser Welt können uns gestohlen werden und vergehen irgendwann wieder einmal, für uns spätestens mit unserem Tode. Aber die Reichtümer Gottes sind uns sicher, vergehen nicht mehr und bleiben für uns ewig bestehen, auch über unseren Tod hinaus.

Weil unser äußeres Leben noch der Vergänglichkeit unterworfen ist, können diese Reichtümer Gottes nur im Verborgenen erlebt werden. Als Christen haben wir dazu Zugang und haben an ihnen Anteil. Sie gehören zum Geheimnis Gottes, das aber auch jetzt schon zu unserem Geheimnis geworden ist. Aber die Freude darüber kann nicht im Verborgenen bleiben. Sie erfüllt auch unser ganzes Erscheinungsbild nach außen. Ja, sogar noch im größten Leid ist sie erlebbar, spürbar und fassbar. Wenn wir das erleben, dann werden wir nicht mehr von der Selbstsucht gebeutelt, sondern in selbstloser Weise stehen wir in der Hingabe an Gott und in den von ihm uns aufgetragenen Aufgaben, die wir mit einem freudigen Herzen ausführen können. So haben die menschlichen und die göttlichen Freuden für sich gesehen ganz entgegen gesetzte Prägungen und Pole, Anziehungskräfte und Schwerpunkte. In vier Punkten möchte ich das deutlich machen: 1) Wegen unserer Selbstsucht gehen unsere fesselnden menschlichen Freuden immer auf Kosten der anderen, die auch dafür die Zeche zahlen sollen. 2) Gott schenkt in der Weise eine Wende, dass er selbst diese Zeche bezahlt. 3) Dadurch wird uns ein Freiraum ermöglicht, in dem wir die göttlichen Köstlichkeiten erleben. 4) Damit feiern wir das Fest Gottes mit und legen davon ein Zeugnis ab.

 

1) Wegen unserer Selbstsucht gehen unsere fesselnden menschlichen Freuden immer auf Kosten der anderen, die auch dafür die Zeche zahlen sollen. Das ist der Pol, der unsere Freuden normalerweise prägt und bestimmt. Jeder ergattert sich davon so viel wie möglich. Bei den einen kommt dabei viel heraus, bei den anderen weniger und wieder andere schaffen dabei gar nichts und sind ständig vom Pech verfolgt. Unser Leben wird von dem sehnlichsten Wunsch geprägt: Was bringt mir das Leben? Was gibt es mir? Wo kann ich meinen Nutzen und meinen Vorteil daraus ziehen? Wo kann ich etwas für mich gewinnen? Oder wie kann ich einmal all das vergessen, was mich bedrückt und bedrängt? Oft laufen wir da wie brünstige Tiere herum, die vom Begehren und Verlangen getrieben sind.

Wenn wir ganz ehrlich sind, dann wissen wir, dass zwar auf der einen Seite unser Trachten nach den Freuden dieser Welt uns gewaltig packen und fesseln kann. Aber auf der anderen Seite stellen sie nur sehr kurzfristige Seligkeiten dar und haben als Schlusslicht einen immer größer werdenden Katzenjammer. Letztlich können sie uns nicht in der Tiefe befrieden, glücklich machen. Sondern sie ziehen uns in einen Bann, der uns süchtig macht und gebunden und gefangen hält. Welche Verrenkungen machen wir da und stellen wir an, um das bisschen Leben genießen zu können. Und nie bringt es das, das wir erwartet haben. Manche stürzen sich mit den Gleichgesinnten regelmäßig ins Vergnügen und berauschen sich mit Musik, Alkohol, Drogen, Sex oder was es da alles noch gibt. Aber was bleibt zurück? Es ist oft ein großer Wehmut, unerfüllte Liebesbedürftigkeit, Traurigkeit, Verstimmung, Verstörung, Aggressivität und ungute Laune. Man ist schlecht aufgelegt. Die Betäubung und der Rausch muss erst verkraftet und überwunden werden. Erst dann ist mit ihnen wieder etwas anzufangen.

Mit solchen menschlichen Freuden drehen wir uns ganz stark um uns selbst, um den dunklen und bösen Kern unseres Herzens und Lebens. Damit sind wir darauf besessen, uns wenigstens etwas vom Leben zu ergaunern und zu ergattern. Sonst ginge für uns die Welt unter, wenn wir nicht das und jenes auch noch haben. Auch hierfür gilt: Je mehr wir haben, umso mehr wollen wir. Und weh, wenn es einmal anders kommt, als wir es uns ausgemalt haben. Dann ist mit uns nichts mehr anzufangen. Wird dem Reichen sein Reichtum genommen, dem Gesunden seine Gesundheit, dem Süchtigen sein Suchtmittel, dem Alkoholiker sein Alkohol, dann zeigt sich das wahre Gesicht des Herzens. Dann ist bei vielen buchstäblich der Teufel los. Dann sehen wir die Gebundenheiten, in deren Bann sie leben; dass sie im Spinnennetz der Sünde geraten sind und ohne fremde Hilfe nicht mehr herauskommen. Sie sind nicht mehr zum Leben frei, sondern davon gebunden und es bringt ihnen nur noch den Tod ein.

Die anderen sollen die Zeche zahlen. Aber die anderen sind nicht so dumm. Sie denken nicht daran, denn sie denken ja genauso. Deswegen geht diese Rechnung nie auf.

 

2) Gott schenkt in der Weise eine Wende, dass er selbst diese Zeche bezahlt. Gott sieht uns ja mit unserem unerfüllten Leben. Und er sagt nicht zu uns: Dir geschieht es recht! So hast du es verdient! Sondern er erbarmt sich unser und schaffte durch das Erlösungswerk Jesu zuerst einmal eine ganz neue Lebensbasis. Daran ersehen wir, dass er uns sehr lieb hat. Er trägt nicht nur Leid um uns, weil wir von ihm abgefallen sind, sondern er gibt uns auch die Möglichkeit, aus diesen Teufelskreisen herauszukommen. Gott selbst will durch Jesus Christus in uns seine Zweitwohnung aufrichten. Er will in uns Fuß fassen und unser Herr werden. Dazu ist er uns sehr nahe gekommen.

Die dazu nötige Wende geschieht aber nur dann, wenn ich ihm auch meine Lebenstüre öffne. Das gilt einmal grundsätzlich mit meiner Lebensübergabe. Dann gilt es aber auch jeden Tag neu, mein Ja zu Jesus zu sprechen, dass er mein lebendiger Herr sein darf.

Die Zeche, die Jesus für uns bezahlt hat, besteht auch darin, dass mit ihm die himmelweite Bewegung in unser Leben kommt. Weil er der Generalbevollmächtigte Gottes ist, ist er der einzig kompetente Sachverständige in Bezug auf alle Lebensfragen. Dabei ist er auch ein großer Pädagoge, Erzieher und ein sehr weiser Lebensmeister. Es lohnt sich wahrhaftig, ihm unser Herz und Leben zu öffnen. Denn damit schließen wir mit dem Ewigen und Allmächtigen Kontakt. Was hierbei geschieht, ist nicht ein neues Sklaventum, ein Unterdrückt- Werden, sondern wir genießen das große Vorrecht, von aller falschen Lebensbewältigung wegzukommen und die wahren Inhalte des göttlichen Lebens, des uns von Gott zugedachten Lebens zu erfahren.

Und letztlich leben und handeln wir dann nicht mehr selbst. Sondern Christus lebt und handelt in uns und durch uns hindurch. Damit ist ein gewaltiger Lebensstrom verbunden, von dem wir erfasst und erfüllt werden. Davon darf dann zusätzlich unser Leben auch überfließen. Nur weil Jesus für uns diese Zeche bezahlt hat, ist in unserem Leben solche Wende möglich geworden.

 

3) Es wird uns ein Freiraum eröffnet, in dem wir die göttlichen Köstlichkeiten erleben. Gott öffnet uns dafür das ganze Leben, unser Herz, unsere Augen und Ohren. 1. Korinther 2,9: Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, das hat uns Gott bereitet, wenn wir ihn lieben. In diesen Freiräumen Gottes dürfen wir uns auskennen und frei bewegen. Dazu bekommen wir durch Gottes Wort, durch unser Gebet und durchs Abendmahl die göttlichen Impulse und spüren wir den Herzschlag Gottes. Wir kennen eine Lebensverquickung mit Christus, damit wir alles bekommen, was wir für unser Leben mit all den vielen Anforderungen benötigen. Alle unsere Verlangen nach Liebe, Lebensfreude, Geborgenheit, Erfüllung, Erquickung und Sicherheit senden wir nicht mehr zu Menschen, sondern zu Gott. Denn bei ihm erfahren wir bleibende Werte, die nie mehr vergehen.

Es ist ein ganz wesentlicher Punkt unseres Christenlebens, dass wir uns diese Freiräume Gottes erschließen, erobern und in Besitz nehmen. Luther sagt zu seiner Auslegung zur Taufe dazu: Es darf bei uns täglich ein neuer Mensch herauskommen und auferstehen, der in Gerechtigkeit und Reinigkeit vor Gott ewiglich lebe. Damit bekommt unser Leben eine große Vorgabe und eine klare Ausrichtung. Zugleich verliert sich alles Mickrige und Hinfällige unseres Lebens. Wir benötigen nicht mehr die Menschen oder den Materialismus oder irgend andere -ismen, um glücklich zu sein. Sondern wir erleben das in diesen Freiräumen Gottes. Wir stehen in ganz lebendigen Naherwartungen Jesu. Wir kennen und praktizieren die ständige Rücksprache und Rückkopplung zu Gott. Dazu nützen wir die uns zur Verfügung gestellte Zeit und Kraft unseres Lebens. l/7-tel unseres Lebens sind Sonntage; 1/12-tel unseres Lebens haben wir Urlaub. Wir haben genügend Zeit, um uns diese Freiräume erschließen zu können. Es gibt christliche Gesprächskreise und Bibelfreizeiten, um uns hier auch untereinander zu helfen und beizustehen. Also trachten wir zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird uns alles andere von Gott zufallen. Leben wir "im Herrn", durch die sog. Wiedergeburt ist das möglich, dann werden wir das Reich Gottes, die Bereiche Gottes, diese Freiräume erleben. Es sind wahrhaftig originelle und köstliche Erlebnisse, die damit verbunden sind.

 

4) Wir feiern das Fest Gottes mit und legen davon ein Zeugnis ab. Jeder Sonntagsgottesdienst darf ein Stück von diesem Fest Gottes darstellen. Und das darf auf unseren Alltag ausstrahlen, auf den Lebensgottesdienst unseres Alltags. Nach Paulus ist der vernünftige Gottesdienst das Opfer unserer Leiber.

Durch Jesus Christus erleben wir nicht mehr negative Gebundenheiten und Süchte und laufen wir nicht mehr wie brünstige Hengste oder mit griesgrämigen Gesicht herum. Sondern, - man kann es nicht besser bezeichnen -, wir feiern heute schon das Fest Gottes mit. Wir erleben heute schon gültige Antworten auf unsere existenziellen Fragen; ewig gültige Erfüllungen unserer Sehnsüchte; einen Schatz, ein überreiches Guthaben, von dem wir ständig zehren können. Und das macht unser Leben still und froh, heil und getrost, stark und glücklich. Wir leben eben in der Sphäre, Atmosphäre Gottes, die licht, hell und freundlich ist. Darunter verliert sich alle Lebenslast und -unlust und wir bekommen echte Lebenslust und -freude. Es glätten sich die Lebenswellen und vieles gerät wieder in Ordnung, das vorher ein Chaos war.

Aller böser Mutwille, alle Triebe des Hasses, der Zerstörung und Vernichtung können uns nicht mehr reizen und treiben, weil wir die Macht der Liebe Gottes mit integriertem Frieden und integrierter Freude erleben. Alles, was uns umgetrieben hat, flieht weit von uns weg und eine stille Freude kehrt in uns ein. Das alles geschieht unter dem Milieu des Festes Gottes. Mit unserem Glaubensleben dürfen wir in dieser Wirklichkeit und in diesen Dimensionen heute schon leben. Nach unserem Tode werden wir es auch sehen können.

Unser ganzer grauer Alltag darf von diesem Fest bestimmt und geprägt sein. Da verschwindet alle Klage, alles Stöhnen und der Lobpreis Gottes erfasst die Tiefe unserer Seele und unseres Lebens. Darüber werden wir zu sehr dankbaren Menschen, weil wir aus der Fülle Gottes leben dürfen und geben deshalb Gott die ganze Ehre. Da werden wir zu sehr freizügigen Menschen in zweierlei Weise: Wir können unsere Nächsten total frei lassen, Gott überlassen. Und wir können uns von denen ganz fordern lassen, die unserer Hilfe bedürfen und anfordern.

Jesus zog beim Abendmahl die Dienstschürze an. Solange wir auf dieser Erde leben, ist diese Dienstschürze auch für uns das Hochzeitskleid beim Fest Gottes. Es geht uns aller Dienst leichter von der Hand, wenn wir es nicht mit einem mürrischen, finsteren und lustlosen Herzen tun, sondern mit einem freudigen Herzen. Auch dann, wenn es im Leben knüppeldick kommt, können wir alles in einer inneren Leichtigkeit durchgehen, weil wir das Fest Gottes mitfeiern, von dem wir ein Zeugnis ablegen dürfen.

So erleben wir Christen die Inhalte der göttlichen Freuden, die ganz anders geprägt und gepolt sind als die menschlichen Freuden. Gerade für uns Christen gilt der bekannte Kanon: Froh zu sein bedarf es wenig und wer froh ist, ist ein König.

 

Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich euch: Freuet euch! Der Herr ist nahe!