Johannes 10,11-16.27-30; Predigt:

 

„ Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. Der Mietling aber, der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht - und der Wolf stürzt sich auf die Schafe und zerstreut sie -, denn er ist ein Mietling und kümmert sich nicht um die Schafe. Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich, wie mich mein Vater kennt, und ich kenne den Vater. Und ich lasse mein Leben für die Schafe. Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden.  Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen. Mein Vater, der mir sie gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann sie aus des Vaters Hand reißen. Ich und der Vater sind eins. “

 

Heute ist das Wort Schaf ein Schimpfwort, z.B. „Du dummes Schaf!“ Und sehr selten trifft man heute eine Schafherde an. Im Alten Testament war das Schaf der Sündenbock, der für die Sünden der Menschen geschlachtet und ein weiterer in die Wüste geschickt wurde. Zur Zeit Jesu war das Bild des Hirten vertraut. In jeder Siedlung war er anzutreffen. Das Schaf war ein wertvolles Haustier. Es lieferte Milch, Wolle und Fleisch. Aus dem Fell wurden Kleider hergestellt, aus der Haut Zeltplanen. Schafe können ausgezeichnet hören und haben einen besten Orientierungssinn.

So ist die Bezeichnung des Guten Hirten das Idealbild eines besten Vorgesetzten, der sehr verantwortlich für die Seinen handelt. Auch heute ist für uns Christen Jesus Christus dieser Gute Hirte. Er hat für uns eine starke Ausstrahlungskraft. Er bewirkt die größte Bewegung, die es auf Erden gibt. Und alle praktizierende Christen, die wahre Gemeinde, vertrauen sich ihm an. Damit befinden sie sich im wahren Zug des Lebens, auf dem wahren Dampfer des Lebens. Das gilt auch dann, wenn sie im Verhältnis zu den Menschenmassen eine kleine Minderheit darstellen. Denn bei Gott zählen die Menschenmassen nur wie ein Tropfen am Eimer (Jes 40,15). Aber der Inhalt des Eimers ist die bewahrte Gemeinde Jesu Christi.

Wohl denen, - selig sind - , die Gott und ihre Jesus Nachfolge als das Größte und Höchste ihres Lebens ansehen. Sie geben auch ihr Äußerstes für dieses Höchste. Gott bezieht ihr Leben in seinen Plan mit ein. Und ihr Leben bekommt den von Gott verordneten Lebensablauf.

Wollen wir das Größte tun, dann übergeben wir Gott unser gesamtes Leben. Das war auch der Sinn unserer Konfirmation. Bei Christus bleibt keiner auf der Strecke. Da ist jeder gerne gesehen, voll dabei, voll beschäftigt und innerlich stark erfüllt.

Obwohl alles ganz anders ist, als wir es uns normalerweise vorstellen und denken, so geschieht auf geistlichem Gebiet die höchste Erfüllung unseres Lebens. Das pulsierende, wahre Leben finden wir nicht in dieser Welt mit ihren großen Versprechungen und Werbungen. Denn es ist ja doch nur eine Welt der Lüge, des Betruges und des Untergangs. Sondern wir finden es einzig und allein bei Jesus Christus. Er ist der einzig wahre Lebensfürst, der uns auch das wahre Leben finden und erleben lässt. Der Kopf der Gottesbewegung ist kein Mensch und keine Kirche, sondern der zu Ostern auferstandene Jesus. Er ist auch heute unter uns. Er ist in unserer Zeit unterwegs und baut seine Neuschöpfung, die er auch zur Vollendung führt.

Jesus hat drei Ausstrahlungskräfte: 1) Er ist der gute Hirte, der uns einen behüteten Raum schenkt und für uns kämpft. 2) Seine Prägung geht auf uns über, weil er uns kennt und wir ihn kennen. 3) Er führt alle zu einer Herde zusammen und schenkt ewiges Leben.

 

1) Jesus ist der Gute Hirte, der uns einen behüteten Raum schenkt und für uns kämpft. Die Aussage des Guten Hirten beinhaltet heute sehr vieles: Er ist der gute Baumeister oder Architekt; der gute Arzt oder Chirurg; der gute Chef oder Dirigent; bestimmt fallen uns noch mehr Vergleiche ein. Nicht nur vom Himmel Gottes her ist er die entscheidende Größe, der Bevollmächtigte. Sondern auch von uns Menschen her gesehen ist er der kompetente Sachverständige für alle unsre Lebensfragen. Gerade mit der Auferstehung Jesu geschah in Bezug auf die Heilsgeschichte Gottes ein gewaltiger Sprung nach vorne. Da macht es nichts aus, dass inzwischen schon 2000 Jahre vergangen sind. Das damalige Geschehen gilt heute noch genauso. Jesus ermöglicht uns den behüteten Raum, in dem wir ganz bei Gott sein dürfen. Nicht wir, sondern er kämpft dafür, dass die zerfleischenden Wölfe keinen Zugang haben.

Kommen Gefahren, Hindernisse oder Abgründe, er nimmt uns an der Hand und führt uns den rechten Weg, zeigt uns die rechten Entscheidungen und beseitigt alles, was uns stören oder hindern könnte. Darauf dürfen wir vertrauen, dass Jesus unsere Situation und Lage recht einschätzt. Er sieht, was momentan möglich ist. Er weiß, was er von uns verlangen kann. Er schätzt es recht ein, was allen dienlich ist. Und darüber hat er auch noch den rechten Überblick über den Gesamtplan Gottes. Weil er im Himmel und auf Erden alle Macht hat, und er natürlich als der Sohn Gottes einen Super- Intelligenzquotienten besitzt, führt er uns den rechten Weg. So dürfen wir von ihm unsere Schicksale und Zufälle erwarten.

Jesus setzt sich nicht dafür ein, dass er uns aus dieser Welt nimmt, sondern dafür, dass er uns vor dem Bösen bewahrt. So sind in unserem Leben die Leckerbissen sehr selten. So quält und beschäftigt uns noch sehr vieles. Es gibt immer wieder einmal Engpässe, Probleme, Nöte, Schwierigkeiten und Unleidlichkeiten. Das gehört zum Leben dazu.

Jesus schenkt uns den behüteten Lebensraum und Arbeitsraum. Aber er überlässt es uns, wie wir uns darin bewegen. Er schenkt uns viele Gaben. Aber er überlässt es uns, wie wir mit unseren Gaben diese Gottesgaben einsetzen und gebrauchen. Und alles, was wir nicht schaffen, das überlassen wir getrost Gott. Denn Gott will nicht, dass wir uns kaputt machen, zu Tode absorgen und uns das Leben erdrückt. Er ist der Gute Hirte, der uns einen behüteten Raum schenkt und für uns kämpft.

 

2) Jesu Prägung geht auf uns über, weil er uns kennt und wir ihn kennen. Es reift in uns die Christusbeziehung, die nur wir Christen erfahren. Und das sind keine Pauschal- Erfahrungen, sondern sie sind von ganz persönlicher Art und Natur.

Jesus ist zwar unsichtbar und er handelt im Verborgenen. Aber wer für ihn ein offenes Herz hat, für den reift eine Beziehung, die er nie mehr vermissen möchte und die über allem steht. Es entwickelt sich das sog. Geistliche Leben, der gelebte Glaube, bei dem wir offene Augen und Ohren für die Anliegen und Vorhaben Gottes bekommen. Nur ein Beispiel aus 2. Könige 6: Israel war wieder einmal von einem großen, fremden Heer umlagert. Der Diener des Propheten Elisa bekam große Angst. Da sprach der Prophet zu ihm: Fürchte dich nicht, denn derer sind mehr, die bei uns sind, als derer, die bei ihnen sind. Da wurden dem Diener die Augen geöffnet und er sah die Umgebung voll feuriger Rosse und Wagen, die Gott zum Schutze aufgestellt hat.

Es wird zwar seltenst geschehen, dass wir ins Verborgene sehen können. Und doch bekommen wir von Gott geöffnete Augen und Ohren für seine Handlungen und Führungen. Und davon wird unser Leben stark geprägt. Wir kennen uns bei Gott aus und wissen, dass er unsere Situation kennt.

Damit verbunden sind keine Utopien, kein überspanntes Leben oder keine falschen Vorstellungen. Aber wir leben anders, als wir vor unserer Gottesbegegnung gelebt hatten und als die Menschen normalerweise leben. Jesus sagt an anderer Stelle: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ „Wo mich die Menschen gehasst haben, da werden sie auch euch hassen!“ „ Wer sein Leben findet, der wird’s verlieren, wer es aber um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, der wird’s finden.“ Aber er sagt auch: „Was ihr auf Erden binden und lösen werdet, das gilt auch im Himmel!“

Man könnte auch zu diesem 2. Punkt sagen: Wie der Hirte, so die Herde! Wir wissen um diesen behüteten Raum und benützen diesen auch. Nichts und Niemand kann uns das rauben oder streitig machen. Wir dürfen immer auf der Seite des Siegers und des Sieges stehen. Gerade das befähigt uns, mitten im Leben zu stehen, wie es uns Jesus vorgelebt hatte. Wir können sehr vieles verkraften und aushalten. Weil unsere Verbindung zu Christus nie abreißt, bekommen wir allezeit von ihm wertvoll Impulse, Ratschläge und richtungweisende Entscheidungen. Da sind wir bereit, uns wie ein Weizenkorn in das Erreich dieses Lebens einsenken zu lassen, weil wir wissen, dass nur dadurch neues Leben entstehen kann. Alle Seligpreisungen zeugen von diesem Lebensgeheimnis, das nur wir Christen kapieren und ausleben. Da geht die Prägung Jesu auf uns über, weil er uns kennt und wir ihn kennen.

 

3) Jesus führt alle zu einer Herde zusammen und schenkt ewiges Leben. Heute schon gilt diese eine Herde. Wohin wir Christen auch kommen, mit den Gläubigen habe wir sehr schnell Kontakt, egal welcher Konfession sie auch angehören. Die Zusage des ewigen Lebens ist keine Vertröstung, sondern schon zu Lebzeiten bekommen wir davon einen gewaltigen Vorschuss, eine enorme Erstlingsgabe. Und deshalb wissen wir, dass dies nach unserem Tode vollkommen sein wird: diese eine Herde und unser ewiges Leben.

Als Christen wissen wir, dass das Werk Gottes seinen Lauf nimmt. Für die Neuschöpfung Gottes gibt es kein Aufhalten mehr. Bei Gott geht alles zielstrebig weiter, da gibt es keinen Missgriff. Er legt eine Präzisionsarbeit an den Tag, darüber wir das Staunen lernen. Er führt alles, was von ihm kommt, und all die Seinen zur Vollendung.

Es ist wesentlich, dass wir in unsrem Alltag das nie vergessen. So kümmerlich es auch in unserem Leben zugeht, den Glanz und die Vollmacht bekommen wir nur von Gott. Und er will, dass es auch bei uns zielstrebig weiter geht. Dann reiht sich auch alles in rechter Weise in den Plan Gottes ein. Wissen wir um seinen Plan für unser persönliches Leben? Christus will es uns offenbaren. Das sind zwar zeitlich gesehen ganz kurze Erlebnisse, die aber über unserem gesamten Leben stehen. Maria, die Mutter Jesu, erlebte dies bei der Ankündigung der Geburt Jesu durch einen Engel. Paulus erlebte es vor Damaskus, aber auch später. Er bekannte, dass er sich dabei im dritten Himmel befand, entrückt in das Paradies und unaussprechliche Worte hört, die kein Mensch sagen kann. Auch wir haben ähnliche Erlebnisse. Und es ist nicht nötig, dass wir darüber mit anderen Menschen sprechen. Sie erden es sowieso nicht verstehen. Es sind eben unaussprechliche Erlebnisse. Aber für uns persönlich haben sie sehr viel zu bedeuten.

Wie oft wird in der Schrift betont, dass wir uns nicht deshalb einsetzen, um vor Menschen gut dazustehen und von ihnen geehrt zu werden. Wir tun es allein Gott zuliebe. Und Gott, der in das Verborgene sieht, wird es uns vielfach öffentlich vergelten. Das bewirkt der Glanz Gottes, der über unserem Leben liegt.

Jesus ist der Gute Hirte! Was ist „gut“ für unser Leben? Menschen streben oft Streit und Krieg an. Und sie meinen darüber noch, im Auftrage Gottes zu handeln. Der Hohepriester meinte dies in Bezug auf Jesus. Der Präsident von der USA meint dies in Bezug auf den Irak. Aber gut ist, was dem Leben dient, dem Frieden und der Liebe. Jeder Schöpfungsakt war gut. Das Geschaffene konnte von dem Bösen ergriffen werden. Aber durch Ostern geschieht eine Neuschöpfung, die dem Zugriff des Bösen verschlossen bleibt. Dafür ist Jesus der Gute Hirte, der die Seinen kennt und auch von den Seinen erkannt wird. Was er uns zu tun heißt, das ist immer gut.

 

Jesus hat für uns eine starke Ausstrahlungskraft. Er bewirkt die größte Bewegung, die es auf Erden gibt. Ihm vertrauen wir uns an. So verfallen wir nicht den Lügen, dem Betrug und dem Untergang. Sondern wir kennen den wahren Lebensfürst, der auch heute unter uns ist. Er nimmt uns in seine Neuschöpfung mit hinein, die er zur Vollendung führt.