Johannes 4,46-54;  2. Predigt:

 

" Jesus kam abermals nach Kana in Galiläa, wo er das Wasser zu Wein gemacht hatte. Und es war ein Mann im Dienst des Königs; dessen Sohn lag krank in Kapernaum. Dieser hörte, dass Jesus aus Judäa nach Galiläa kam, und ging hin zu ihm und bat ihn, herab zu kommen und seinem Sohn zu helfen; denn der war todkrank. Und Jesus sprach zu ihm: Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, so glaubt ihr nicht. Der Mann sprach zu ihm: Herr, komm herab, ehe mein Kind stirbt! Jesus spricht zu ihm: Geh hin, dein Sohn lebt! Der Mensch glaubte dem Wort, das Jesus zu ihm sagte, und ging hin. Und während er hinab ging, begegneten ihm seine Knechte und sagten: Dein Kind lebt. Da erforschte er von ihnen die Stunde, in der es besser mit ihm geworden war. Und sie antworteten ihm: Gestern um die siebente Stunde verließ ihn das Fieber. Da merkte der Vater, dass es die Stunde war, in der Jesus zu ihm gesagt hatte: Dein Sohn lebt. Und er glaubte mit seinem ganzen Hause. Das ist nun das zweite Zeichen, das Jesus tat, als er aus Judäa nach Galiläa kam. "

 

Vom Umfeld dieses Berichtes her gesehen, wird durch Jesus „Gott“ wieder zur Hauptperson der Neuschöpfung, die zur Vollendung kommen wird. Warum gibt es überhaupt Gott? Was bedeutet er für uns? Wie können wir ihn erleben? Es gibt ihn, damit  wir nicht aus uns selbst etwas machen müssen. Das ist nicht mehr nötig, denn wir dürfen uns von Gott reich beschenken lassen und aus seiner Fülle schöpfen.

Jesus durchbricht alle menschlichen Abgrenzungen. Am Anfang des vierten Kapitels gibt er sich mit einer von den Juden verachteten Samariterin ab, die zudem schon mit dem sechsten Mann zusammen lebte. Und hier dieser königliche Beamte aus Kapernaum war ein Vertreter der von den Juden verhassten Besatzungsmacht. Danach kommt die Heilung eines Kranken am Teich Betesda, der schon 38 Jahre krank lag. Solche kranke Juden waren aus der jüdischen Gemeinschaft verbannt. Ein gläubiger Jude machte um diese Menschengruppen einen weiten Bogen. Ihm würde niemals einfallen, mit solchen Menschen zu reden, geschweige denn, ihnen irgend eine Art von Hilfe zukommen zu lassen. Zu allen Zeiten, auch heute, gibt es das Bestreben, eine Zweiklassen Gesellschaft aufzubauen und zu pflegen. Die einen haben alle Rechte. Und die anderen haben nichts zu melden. Wehe, wenn sie irgend welche Rechte einfordern. Das wäre unerhört.

Jesus durchbricht solche Abgrenzungen, um für Alle da sein zu können. Und weil die Einen, die menschlich Privilegierten, das unerhört finden, schließen sie sich selbst von der Gnade Gottes aus. Das ist der einzige Grund dafür, warum Jesus besonders bei den Verachteten, Verlorenen, Ausgegrenzten, Kranken und Abseits-Stehenden zu finden ist. Diese Menschen sind offen für die Botschaft Jesu. Einfältig nehmen sie aus der Fülle Gottes Gnade um Gnade. Ungehindert fließt da der Lebensstrom Gottes zu den Menschen. Sie erleben den geheimnisvollen Auftrag Gottes. Sie spüren den Pulsschlag des wahren Lebens. Inmitten dem Fluch der Erde wissen sie um den Segen der himmlischen Welt. Inmitten aller Friedlosigkeit bekommen sie echten Frieden. Trotz der Vergänglichkeit ihres Lebens leben sie schon auf die Ewigkeit Gottes zu. Obwohl sie viel Leid erleben und große Lasten zu tragen haben, sind sie stark getröstet, zutiefst mit beständiger Freude erfüllt. Das sind die Schätze und Reichtümer, die Gott für uns bereit hat und die uns Jesus vermittelt. Da ist für jedes Lebensgebiet und jede Situation ein Reichtum vorhanden, den wir uns zunutze machen dürfen. Da haben wir aus uns selbst nichts. Aber das ist auch nicht nötig. Denn dafür gibt es Gott, der uns das Nötige im Überfluss geben will.

Wie können wir Gott erleben? Warum gibt es ihn? Was bedeutet er für uns? 1) Allein durch Jesus werden wir auf den wahren Gott aufmerksam. 2) Mit der Zeit bekommen wir eine lebendige und beständige Beziehung zu Jesus Christus. 3) Dann erleben wir die Schicksale Gottes und die Zufälle Gottes.

 

1)  Allein durch Jesus werden wir auf den wahren Gott aufmerksam. Die Samariterin sagt zu ihren Bekannten: Kommt mit zu Jesus, denn er ist der wahre Christus, der Sohn Gottes. Später sagen diese: Wir haben selber erkannt, dass er wahrlich der Welt Heiland ist. Und hier dieser königliche Beamte, der ein Heide war, glaubte mit seinem ganzen Hause an Jesus Christus.

Natürlich ist das für viele Menschen eine Zumutung, dass wir Christen allein auf diesen Christus hinweisen, der uns den Weg zu Gott zeigt, ja dieser Weg dazu selbst ist. Jh 14,6: Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben! Oder Jh 6,35: Er ist das Brot des Lebens. Wer zu ihm kommt, den wird nicht hungern; und wer an ihn glaubt, den wird nimmermehr dürsten! Oder Jh 8,12: Er ist das Licht der Welt. Wer ihm nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben. Das ist ja die Zumutung des ganzen Neuen Testamentes, dass wir in Jesus den wahren Gott und das wahre Leben finden. Aber für die, die das schon kapiert haben, ist das die schönste Lebenserfahrung. Denn wir müssen uns in keinster Weise mehr anstrengen, um zu Gott zu kommen. In Jesus kommt uns Gott so nahe, sodass kein Irren mehr möglich ist.

Leider wollen viele Menschen an dieser Stelle es sehr kompliziert haben. Wie oft ist die Bibel voller Klage, dass Menschen ihre Hilfe an der falschen Stelle suchen; als dass sie den einfachsten und den direktesten Weg zu Gott nehmen würden.

Natürlich hat jeder Mensch seinen eigenen Weg zu Gott und mit Gott. Jeder ist dafür auch selbst verantwortlich. Aber die eine Zusage haben wir, dass jeder, der aus der Wahrheit ist, auch Gott und den rechten Weg findet. Bei allen Begegnungen, die ‘Jesus im Neuen Testament mit Menschen hat, werden wir keine zwei finden, die gleich geartet sind. Und doch finden alle in Jesus ihren Weg zu Gott.

Der königliche Beamte spürt, dass er mit seiner Not zu Jesus kommen darf. Und Jesus enttäuscht ihn nicht. Hier wird der kranke Sohn gesund. Es gibt aber auch Situationen, in denen die Kranken nicht gesund werden und sie dennoch Gottes Hilfe erfahren. Wenn ein Sterbender wochenlang starke Schmerzen hat und die Ärzte kaum helfen können, ja evtl. sogar Fehler machen. Ist es dann nicht ein starker Trost, wenn der Betreffende auch darin größte Zuversicht zu Gott und Christus hat?!! Wenn er sich auch dabei freut, bald bei Gott sein zu dürfen?!! Es ist schade um jeden Menschen, der ohne solche Hoffnung stirbt. Das ist die Zuversicht und Stärke unsres Glaubens an Jesus Christus, dass das in allen unseren Situationen trägt und uns zugute kommt, in guten wie in bösen Tagen. Allein durch Jesus werden wir auf den wahren Gott aufmerksam.

 

2)  Mit der Zeit bekommen wir eine lebendige und beständige Beziehung zu Jesus Christus. Alle Begegnungen, die Jesus damals hatte, waren ja nicht von einmaliger Bedeutung. Sie hatten auf das ganze restliche Leben der Betreffenden eine starke Auswirkung. Am besten sehen wir das am Leben der Jünger, die eine gewisse Schulung bekamen

Es gibt bestimmt viele Menschen, die am Schluss ihres Lebens schmerzhaft erkennen müssen, dass sie falsch und umsonst gelebt hatten. Natürlich dürfen wir uns da über bestimmte Menschen kein Urteil erlauben. Einer der Schächer, die mit Jesus gekreuzigt wurden, hatte in der Todesstunde noch die Chance zum Eingang ins Paradies. Aber eines dürfen wir gewiss wissen und bezeugen, dass unsere lebendige Beziehung zu Jesus Christus uns alles gibt, das wir zum Leben und zum Sterben benötigen. Wir erfahren einen solchen Lebensreichtum, sodass wir diese Gelegenheiten, die uns Jesus gibt, immer mehr ausnützen. Wenn Dr. Martin Luther sich dafür täglich drei bis vier Stunden Zeit nahm, dann ist das für uns ein Vorbild und Anstoß für unsere eigene Stille Zeit, zum Gebet und Gottesdienst. Das ist nicht ein Absitzen oder eine Pflichtübung, sondern eine Besinnung auf die eigentlichen Werte des Lebens; und ein Beschenkt werden mit den Gaben und Hilfen Gottes. Wir brauchen diese Zeit, weil wir von Natur aus ganz andere Wege, Methoden und Ziele verfolgen, als sie uns von Gott vorgegeben werden. Und wir wenden gerne diese Zeit hin, weil wir dadurch stark motiviert, mobilisiert und ausgerichtet werden. Nicht umsonst sagt man: Wenn wir die Türen zur Welt hin zuschließen, um vor Gott stille zu werden, dann öffnen sich uns die Türen Gottes, die wir nie vermutet hätten. Hier erfahren wir ganz andere Werte, als sie in der Welt gelebt, geliebt und leidenschaftlich erstrebt werden. Hier gelten nicht mehr die Finanzen, unsere Besitztümer, unser Ansehen und unsere Ämter. Sondern wir erfahren die Werte des geistlichen Lebens, wie sie z.B. in Galater 5 zielstrebig genannt sind: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Keuschheit. Hier lernen wir, unser Fleisch samt den Leidenschaften und Begierden zu kreuzigen und im Heiligen Geist zu leben und zu wandeln. In der Bibel stehen 98 Seligpreisungen. Nicht wir sprechen uns selig; auch nicht Menschen sprechen uns selig. Sondern das tut allein Gott durch Jesus Christus. Er sagt: Selig seid ihr; wohl euch; zu beneiden seid ihr, die ihr meine Botschaft annehmt. Ich werde euch das reichlichst belohnen. Nur deshalb können wir als dankbare Menschen leben und das Empfangene reichlichst weiter geben. So bekommen wir mit der Zeit eine lebendige und beständige Beziehung zu Jesus Christus.

 

3)  Wir erleben die Schicksale Gottes und die Zufälle Gottes. Dann heißt für uns Schicksal und Zufall, dass Gott uns seine Hilfe schickt und zufallen lässt. Natürlich geschieht auch noch viel, was nicht von Gott gewollt ist. Aber jeder praktizierende Christ darf die Hilfe Gottes für sich in Anspruch nehmen. Und er darf sich persönlich unter den Schutz Gottes stellen. Gott lässt uns ja nicht nur unsere Gaben erkennen, sondern auch unsere Grenzen und die Gefahren. Und jeder weiß um seine ganz persönliche Art der Lieblingssünde. Paulus gibt uns da eine ganz klassische Hilfestellung: Er sagt in Römer 6,19: Gebt eure Glieder hin an den Dienst der Gerechtigkeit! D.h. Gott gibt jedem von uns so eine Art von Lieblingsauftrag. Wenn wir uns dem ganz widmen, dann können wir indirekt unsere Lieblingssünde überwinden.

Wir Christen dürfen klar erleben und bezeugen, dass für uns allein „Gott“ die Schicksale und Zufälle gibt. Wir wissen uns von ihm geführt und geleitet. Da leben wir auch sehr wach und aufmerksam. Immer wieder erleben wir Gottes vollmächtiges Reden und Handeln. Immer wieder entdecken wir seine Spur, seine helfende Hände und die Menschen, die er uns zur Seite stellt. In allem Auf und Ab und Wirrwarr dieser Zeit gibt er uns seine Beständigkeit. Wir dürfen unseren Weg finden und gehen. Auch wenn natürlich alles Gottes Gnade ist, leben wir nicht mehr umsonst und sind wir voll beschäftigt. Langeweile, Trübsinn und Tatenlosigkeit müsste es nicht mehr geben. Denn Christus macht uns zu sehr aktiven Menschen. Gerade unser christlicher Glaube bringt die größten Werke hervor, ohne dass wir uns darauf etwas einbilden. Das ist einfach so. Deshalb heißt es an vielen Stellen der Schrift, dass uns Gott nach unsren Werken beurteilt. Obwohl genauso klar gesagt ist, dass wir nicht durch unsre Werke selig werden, sondern nur durch unseren Glauben. Zuerst erleben wir in Jesus die geschenkte Seligkeit. Und solch selige Christen stehen dann aus Dank und Liebe Gott ganz zur Verfügung, so wie es in der momentanen Situation angemessen und möglich ist. Das kann für jeden anders aussehen und wir sollten dafür keine Gesetze und Regeln aufstellen.

Was wir für Gott und sein Reich tun dürfen, das hat niemals etwas mit unlauteren und unschicklichen Methoden zu tun. Auch steht niemals eine Peitsche oder brutale Gewalt dahinter. Es darf etwas sehr Erfreuliches und Überwältigendes sein, das unser ganzes Leben erfüllt und das wir ganz, gern und gleich zu tun gewillt sind. Und gerade darin erfahren wir die Schicksale Gottes und die Zufälle Gottes.

 

Wie können wir Gott erleben? Warum gibt es ihn? Was bedeutet er für uns? Es gibt ihn, weil er uns reich beschenken will und wir aus seiner Fülle schöpfen dürfen. Praktizierende Christen lassen sich das nicht zwei Mal sagen, sondern ergreifen diese Gelegenheiten Gottes, so wie es ihnen gegeben ist. Jesus ist dazu die rechte Mittlerperson. Zu ihm dürfen wir eine lebendige und beständige Beziehung haben. Er lässt uns dann die Schicksale und Zufälle Gottes zukommen. Da gibt es keine zwei Klassen Gesellschaft mehr. Jeder ist ein Original Gottes und darf seinen Platz ganz ausfüllen.