LUKAS 6,36-42; PREDIGT:

 

„ Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. Und richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet. Verdammt nicht, so werdet ihr nicht verdammt. Vergebt, so wird euch vergeben. Gebt, so wird euch gegeben. Ein volles, gedrücktes, gerütteltes und überfließendes Maß wird man in euren Schoss geben; denn eben mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird man euch wieder messen. Er sagte ihnen aber auch ein Gleichnis: Kann auch ein Blinder einen Blinden den Weg weisen? Werden sie nicht alle beide in die Grube fallen? Der Jünger steht nicht über dem Meister; wenn er vollkommen ist, so ist er wie sein Meister. Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge, und den Balken in deinem Auge nimmst du nicht wahr? Wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt still, Bruder, ich will den Splitter aus deinem Auge ziehen, und du siehst selbst nicht den Balken in deinem Auge? Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge und sieh dann zu, dass du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst! “

 

Mit der Barmherzigkeit Gottes können wir alles mit ganz anderen Augen ansehen und damit ein rechtes Miteinander leben.

Es gibt die sog. Artenvielfalt der Pflanzen und Tiere, die im erschreckenden Masse weniger wird, weil wir Menschen durch unser Wohlstandsdenken dies zerstören. Nur das Robusteste und Unverwüstlichste bleibt bestehen. Das kann man auch auf uns Menschen übertragen. In unserem Zusammenleben ist irgendwo der Wurm drin. Und weil wir auf alles immer mehr Einfluss gewinnen, weil für uns immer mehr machbar ist, treten auch die Fehler, das Missraten, immer mehr zutage. An vielen Stellen geschieht das in erschreckendem Masse.

Dagegen steht nun die Barmherzigkeit Gottes. Darunter entsteht zwar eine ganz andere Art von Leben, aber diese ist so robust und unverwüstlich, sodass sie nicht mehr ausstirbt. Auch dann ist diese Art von Leben noch vorhanden, wenn alle anderen Arten von Leben ausgestorben sind.

Leider werden die rechten christlichen Vorbilder immer weniger, rarer und seltener. Umso mehr liegt auf den wenigen, die es noch gibt,  große Verantwortung. Sie sind, von Gott her gesehen, gefragt und dran  und haben das Vollmaß Christi zur Verfügung.

Ohne Gott läuft da nichts. Nur mit unserer starken Gottesbeziehung können wir hier unser Leben in rechter Weise meistern und bewältigen. Dann sprudelt auch für uns das wahre Leben, daran wir uns selbst laben und davon reichlichst austeilen dürfen.

Zwar erleben wir damit noch nicht das Schlaraffenland. Aber was wir dabei erleben ist heute schon ein sehr interessantes und faszinierendes Land, Neubaugebiet, auf dem es vieles aufzubauen gilt.

Gott lässt uns nie im Stich. Und weil das so ist, gehen wir weder in dieser Welt auf noch unter, sondern wir stehen positiv und befruchtend mitten in dieser Welt. Wir tragen den großen Segen Gottes. Wir sind die Segenskinder Gottes.

Normalerweise ist diese Welt ein Tollhaus ersten Ranges voller Teufelskreise. Christus zeigt uns, dass es auch anders geht. Er schenkt uns das Heil, die Heilung und seine Gotteskreise. Somit haben wir als Christen ganz bestimmte Lebensziele vor uns, denen wir nacheifern und sie verwirklichen dürfen. Gott erzieht uns zu einem verantwortungsbewussten Leben mit sehr vielen Lern- und Lebenszielen. Wir stellen uns den Forderungen des Lebens und geben unser Äußerstes für dieses Höchste!

Wir finden das rechte Verhältnis zu Gott, zu uns selbst und zu unserem Nächsten. Da Gott die Mitte unseres Lebens ist, holt er das Größtmögliche aus uns heraus, weil er als der Allmächtige und Allwissende durch uns kommt und handelt.

Als Christen haben wir die ewige Laufbahn eingeschlagen. Wir kennen die göttlichen Alternativen. Wir dürfen ans gottgewollte Ziel kommen. Auf allen Lebensgebieten bekommen wir das rechte Geschick zur Lösung der anstehenden Fragen und Probleme. Und das gilt gerade dann, wenn von uns behauptet wird: Sie leben anders! Denn es geht auch anders!

Mit der Barmherzigkeit Gottes können wir alles mit ganz anderen Augen ansehen und damit ein rechtes Miteinander leben. Dazu drei Gesichtspunkte: 1) Gott ist für uns eingestellt. 2) Er schenkt uns das rechte Verhältnis zu uns selbst. 3) Damit schöpfen wir aus einer so großen Fülle, sodass wir davon reichlichst austeilen dürfen und können.

 

1) Gott ist für uns eingestellt. Das geht nur, weil er mit uns sehr barm    herzig ist. Vers 40: Der Jünger steht nicht über dem Meister; wenn er vollkommen ist, so ist er wie sein Meister. Die höchste Instanz alles Lebens ist für uns offen, ist für uns eingestellt und hat ein Auge auf uns geworfen. Nur das erweckt auch unsere ganze Aufmerksamkeit für ihn. Der Zugang zum Höchsten ist offen. Dies ist nicht nur möglich, sondern sogar erwünscht, dass wir diesen Zugang benützen. Gott wartet darauf, dass wir uns an ihn wenden und zu ihm kommen. Von Jesus selbst wissen wir, dass er ganze Nächte hindurch betete. Dr. Martin Luther nahm sich dafür täglich drei bis vier Stunden Zeit.                 Für uns ist Jesus unser Erlöser und unser Vorbild. An ihn wenden wir uns mit all unseren Anliegen und Lebensfragen. Er ist auch ganz für uns da und nimmt sich für uns Zeit. Mit solcher Verbindung bewahren wir uns unsere innere Lebendigkeit und Vollmacht. Darin steckt das große Geheimnis unseres Glaubenslebens.

Letztlich ist das aber keine Leistung von uns, sondern wir erlauben damit Gott, unser Leben betreten und das Ruder und Steuer übernehmen zu dürfen. Dann ist er auch der Herr unseres Lebens und prägt und bestimmt uns. Er leitet langfristige Pläne ein und arrangiert alles. Dann schickt er uns seine Fälle, - das sind die rechten Schicksale und Zufälle -, auf die wir uns einstellen, uns für sie einsetzen und sie ausführen dürfen. So nebenbei erleben wir, dass solche Lebensbewältigung nicht mehr übertroffen werden kann und in Ewigkeit Bestand hat.

Für uns ist das Gebetsleben ein innigstes Bedürfnis, das wir nicht mehr vermissen möchten. Wir dürfen soweit kommen, dass - bildlich gesprochen - sich uns die Türen Gottes öffnen, so bald wir die Türen zur Welt hin abschließen. Alles besprechen wir mit unserem Gott. Wir kennen ein Frage- und Antwort-Spiel, das uns von Gott vermittelt wird. Nie gehen wir da leer aus. Gott vertraut uns sehr vieles an und gibt uns ein erfülltes Leben.

Nicht der ist ein mündiger Christ, der sehr viel ohne Gott kann, sondern der ganz stark mit Gott verbunden ist und nichts mehr ohne ihn tun kann. Gott ist die Nummer Eins in unserem Leben. Nur mit ihm gehen wir auf Nummer sicher. Nur dann sind wir voll drauf, wenn wir mit ihm Kontakt haben und pflegen. Mit ihm haben wir jemanden, der alle Seiten des Lebens kennt, sich überall zurecht findet und somit immer das Rechte weiß, redet und tut. Ohne ihn würden wir irgendwelchen Trugbildern verfallen, die sich sehr negativ entpuppen würden. Mit ihm werden wir in alle Wahrheiten geführt, die uns auch in den Krisenzeiten zum wahren Leben und zur wahren Bewältigung befähigen. Gott schenkt uns seine Leuchtspur inmitten allem Leid und Dunkel unseres Alltags. - Gott ist für uns eingestellt.

 

2) Gott schenkt uns das rechte Verhältnis zu uns selbst. Vers 42b: Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge. Vers 39 ins Positive gewendet: Nur als Sehender kannst du Blinde leiten.

Gott kann man sich nicht kaufen. Man kann ihn nicht täuschen, überrumpeln oder mit Gewalt herausfordern. Nur dann kann man ihn aus der Reserve locken, und er kommt dann auch gewaltig, wenn wir ihn an uns selbst arbeiten lassen. Gott ist nicht so schofel, dass er uns ausnützt und danach fallen lässt. Sondern er lässt uns zu hohen Ehren kommen; auch dann, wenn er hart an uns arbeiten muss.

Täuschen wir uns nie über uns selbst. Jeder von uns ist ein großer Egoist, ein Eigenbrötler, ein eitler Bock oder eine eitle Gans. Manchmal kennen wir auch selbst solche Phasen, in denen es uns eiskalt über den Buckel hinab läuft, wenn wir erleben, was alles in uns vorhanden ist und Platz hat. Manchmal tun sich in uns Abgründe auf, die uns erschauern lassen. Manchmal denken wir nicht gerade gut von uns selbst. Aber das sind die Ausnahmen, denn lange halten wir das nicht aus.

Gott dagegen gibt uns hier die rechte Einstellung zu uns selbst. Er zeigt uns die Balken in unseren eigenen Augen, weshalb wir auch blind geworden sind. Diese Balken bilden ein Brett vor unserem Kopf oder sehr stabile Scheuklappen. Gott zeigt uns in seiner Liebe, wie wir davon los kommen und frei werden. Seine Vergebungsbereitschaft ist enorm.

Wem einmal seine verkappte Blindheit genommen worden ist, der kann auf einmal klar und scharf sehen. Der kann alles viel besser einschätzen und damit bewältigen. Der sieht die Punkte, an denen angesetzt werden kann, um wahre Lösungen anzustreben. Der lässt sich nicht mehr täuschen und kann zielstrebig die Wege Gottes gehen.

Denn er sieht nicht nur alle unsere Unmöglichkeiten, sondern auch die vielen Möglichkeiten Gottes. Er ist dann nicht mehr so dumm und lässt sich von irgend einem Unsinn leiten. Sondern er erkennt die Wege Gottes und geht diese in großer Einfalt und Gewissheit.

Mit der Zeit kristallisiert sich dann ein Leben heraus, das nach den Verheißungen Gottes gebildet ist. Weil uns Gott Wertvolles anvertraut und schenkt, entwickelt sich alles in gesunden Bahnen. Gottes Pflege, Hege und Förderung ist uns dann gewiss. Er ist dann in unserem Leben nicht mehr zu bremsen und aufzuhalten. Sein Kommen, Wirken und Lenken ist für uns die gewisseste Sache unserer alltäglichen Welt. - Gott schenkt uns das rechte Verhältnis zu uns selbst und befrachtet gewaltig unser Leben.

 

3) Weil wir aus der großen Fülle Gottes schöpfen dürfen, können wir     davon reichlichst austeilen. Wir können ebenfalls barmherzig sein. Wir müssen nicht unsere Nächsten richten und verdammen, sondern können ihnen vergeben. Wir teilen uneigennützig aus. Wir können Blinde leiten, ja auch ihnen zum rechten Leben verhelfen. -Das alles steht in diesem Predigttext.

Was Gott baut, das baut er ganz behutsam, aber gewiss. Und damit wird auch eine gesunde Lebensbasis für unser Verhältnis untereinander gebildet.

Es ist falsch verstandenes Christentum, wenn wir meinen, dass alles nach unserer Meinung gehen muss, und dass die anderen nach unserer Pfeife tanzen müssen. Es gibt ein Gesamtkonzept Gottes, das über unserem Leben steht. Wenn sich jedes einzelne Glied der Gemeinde danach ausrichtet, dann, nur dann kommt auch alles in rechter Weise zusammen. Natürlich ist unser Zusammenleben oft kompliziert und gestört. Aber Gott will das nicht. Er will von uns das rechte Miteinander und Füreinander haben. Er selbst ist das Bindeglied unter uns und zwischen uns. Mit ihm dürfen wir die schwierigsten und notvollsten Probleme lösen und aufarbeiten. Das ist eine gewaltige Aufgabe, bei der sehr viel zu beachten und einzuhalten ist. Jesus gibt uns dazu das rechte Maß und Geschick. Er ist uns dafür das rechte Vorbild.

Das Verhältnis: Wie du mir, so ich dir,! beziehen wir nicht mehr nur auf unsere Nächsten, sondern darin binden wir Gott ein. Daraus wird dann ein Dreierverhältnis: Wie Gott mir, so ich dir, meinem Nächsten! Also: Wie sich Gott mir gegenüber verhält, so verhalte ich mich meinem Nächsten gegenüber. Und damit haben wir so viel zu tun, sodass wir gar keine Zeit mehr zum Vergleichen und Streiten haben.

Es muss dann auch nicht mehr in der Weise ein Rückfluss stattfinden, wie es in dem Sprichwort ausgedrückt ist: Eine Hand wäscht die andere! Sondern damit ist mehr eine Kettenreaktion oder ein Stafettenlauf verbunden. Damit wird auch unser Nächster wieder befähigt, das Empfangene weiter zu geben. Nur damit wird dann das Reich Gottes in rechter Weise gebaut und die Fülle Gottes wird nicht weniger, sondern mehr.

Auf der einen Seite werden wir darin nicht müde, alles Gott zu überlassen und ihm anheim zu stellen. Da hinein gehört das geistlich recht verstandene Fasten und Sterben. Nicht wir arrangieren und manipulieren etwas. Das überlassen wir ganz Gott.

Auf der anderen Seite werden wir darin nicht müde, die uns von Gott gegebenen und angebotenen Möglichkeiten ganz auszunützen und auszukaufen. Dafür zeichnen wir dann ganz verantwortlich und fürsorglich. Den uns von Gott anvertrauten Zentner setzen wir ganz ein und leben damit. Dieser Zentner vervielfältigt sich dann auch, denn darauf liegt der Segen Gottes. Sein Kommen und Wirken ist dann nicht mehr zu bremsen und aufzuhalten. - Weil wir aus der großen Fülle Gottes schöpfen dürfen, können wir davon reichlichst austeilen.

 

Gerade im Reich Gottes gibt es eine gewaltige Artenvielfalt. Natürlich gibt es auch viel Missratenes. Aber unter der Barmherzigkeit Gottes darf sich eine Artenvielfalt heranbilden, die robust und unverwüstlich ist und damit ewig anhält. Diese Artenvielfalt wird auch dann noch vorhanden sein, wenn alle anderen Arten von Leben ausgestorben sein wird. Seien wir hierfür die rechten Vorbilder. Unsere Mitchristen brauchen diese. Es gibt das Vollmaß Christi, dem wir leben und verpflichtet sind. Gott lässt uns nicht im Stich.