APOSTELGESCHICHTE (6,8-15)7,55-60; PREDIGT:

 

„ Stephanus aber, voll Gnade und Kraft, tat Wunder und große Zeichen unter dem Volk. Da standen einige auf von der Synagoge der Libertiner und der Kyrenäer und der Alexandriner und einige von denen aus Zilizien und der Provinz Asien und stritten mit Stephanus. Doch sie vermochten nicht zu widerstehen der Weisheit und dem Geist, in dem er redete. Da stifteten sie einige Männer an, die sprachen: Wir haben ihn Lästerworte reden hören gegen Mose und gegen Gott. Und sie brachten das Volk und die Ältesten und die Schriftgelehrten auf, traten herzu und ergriffen ihn und führten ihn vor den Hohen Rat und stellten falsche Zeugen auf, die sprachen: Dieser Mensch hört nicht auf, zu reden gegen diese heilige Stätte und das Gesetz. Denn wir haben ihn sagen hören: Dieser Jesus von Nazareth wird diese Stätte zerstören und die Ordnungen ändern, die uns Mose gegeben hat. Und alle, die im Rat saßen, blickten auf ihn und sahen sein Angesicht wie eines Engels Angesicht. - (Jetzt kommt eine lange Rede vor dem Hohen Rat.) - ....

Er aber, voll heiligen Geistes, sah auf zum Himmel und sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus stehen zur Rechten Gottes und sprach: Siehe, ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen. Sie schrieen aber laut und hielten sich ihre Ohren zu und stürmten einmütig auf ihn ein, stießen ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn. Und die Zeugen legten ihre Kleider ab zu den Füßen eines jungen Mannes, der hieß Saulus, und sie steinigten Stephanus; der rief den Herrn an und sprach: Herr Jesus, nimm meinen Geist auf! Er fiel auf die Knie und schrie laut: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an! Und als er das gesagt hatte, verschied er. “

 

„Neben der Krippe steht das Kreuz!“ Normalerweise weichen wir Menschen dem Kreuz, den Leiden, aus. Wir wollen das Leben genießen; Spaß am Leben haben; uns vor allem dem widmen, was uns etwas einbringt, unser Leben verschönert und bereichert. Und um die Not anderer Menschen machen wir einen weiten Bogen. Was geht uns das an? Sie sind selber schuld daran, dass es ihnen so schlecht geht. Hätten sie etwas Gescheites gelernt, dann hätten sie auch ein schöneres Leben. So in ähnlicher Weise denken normalerweise wir Menschen. Das Ganze nennt man die Spaßgesellschaft! Spaß muss das Leben machen. Sonst taugt es nicht.

Hätte Gott so gedacht, dann wäre es nie Weihnachten geworden. Gottes Sohn hätte darauf verzichtet, als Mensch und noch dazu in dieser ärmlichsten Art und Weise zu uns zu kommen. Und wir im Reichen Westen machen aus dem Weihnachtsfest ein großes Geschäft. Was von Gott ganz arm und einfach gedacht war und ausgeführt wurde, daraus machen wir eine kassenklingende Geschichte und ein hochgesteiltes Fest. Darin spürt man fast nichts mehr vom eigentlichen Anliegen Gottes.

Und doch hat sich Gottes Sohn aufgemacht und wurde Mensch. Er bediente sich dazu Maria und Josef. Der Schauplatz dazu war nicht der Königspalast, sondern der arme Stall. Als Besucher kamen nicht die hohen Damen und Herren, sondern die verachteten Hirten und die verabscheuungswürdigen heidnischen Weisen aus dem Ausland. Noch einfacher, schlichter und ärmer ging es nicht mehr. Aber die ganze himmlische Welt und der Kosmos war daran beteiligt. Die Engel erschienen den Hirten und die Sterndeuter erfuhren es aus ihren kosmischen Studien.

Das ganze Leben Jesu war schlicht und einfach. Als Zwölfjähriger erkannten die hohen Herren die große Weisheit Jesu und doch absolvierte Jesus kein Studium, sondern erlernte ein Handwerk. Seine Nachfolger waren keine studierte Menschen, sondern die einfachsten Leute der damaligen Zeit. Sein Hauptauftrag war, was man zusammen fassend mit „dem Weg hinauf nach Jerusalem“ bezeichnet, sein Leidensweg.

Gerade damit verdeutlicht uns Gott, dass ||:das Leben nicht ohne das Leiden gewonnen werden kann.:|| Wenn es uns nur gut gehen würde, dann werden wir überheblich, übermütig und kämen gar nicht darauf, dass wir die Erlösung nötigst brauchen.

Wenn wir dies akzeptieren und annehmen, dann ergreift uns gerade zu Weihnachten eine Faszination von Gott, die uns alles gibt und uns nicht mehr vom Weg Gottes wegbringt. Dann sind wir zu allem bereit, so wie es Gott will und fügt.

An Stephanus ersehen wir drei Seiten des Christseins: 1) Wir stehen in der göttlichen Faszination. 2) Solches Leben strahlt etwas aus. 3) Unsere Nächsten müssen darauf reagieren: die einen nehmen es an, die anderen ärgern sich darüber.

 

1) Wir stehen in der göttlichen Faszination. Stephanus bekam von Gott eine glühende Dynamik. In erster Linie war er Diakon, Almosenpfleger; heute würde man sagen Armenpfleger, Krankenpfleger. Er stand im sozialen Dienst an Menschen, die auf Hilfe angewiesen waren. Und dabei bezeugte er das Evangelium, die Frohe Botschaft Jesu, dazu er besonders prädestiniert, befähigt war. Es war ein aufopfernder Dienst, den er aber gerne erbrachte.

So wie Gottes Sohn „Ja“ sagte zum einfachsten, schlichtesten Kommen in diese unsere Welt. Er war davon überzeugt, dass dies der richtige Weg ist. So sind auch alle praktizierende Christen von dem Auftrag überzeugt, den sie ganz persönlich bekommen haben. Dazu umleuchtet sie die Klarheit Gottes.

Da stehen wir in dieser göttlichen Faszination, in dieser von Gott gewirkten inneren Überzeugung. Diese Faszination hat nichts mit Begeisterung zu tun, denn Begeisterung kann in Ablehnung umschlagen, was diese Faszination nicht mehr fertig bringt. Jesu Faszination war in Gott, in der ewigen Seligkeit gegründet und nicht in uns Menschen mit unserer Sündhaftigkeit und Vergänglichkeit. Diese Faszination brachte uns Jesus. Maria und Josef, die Hirten und die Weisen, die Jünger zu allen Zeiten, auch Stephanus erlebten etwas von dieser Faszination. Diese trägt uns durch alle Lebenssituationen hindurch. Diese zieht sich durch unser gesamtes Leben. Alle praktizierende Christen auf dieser Erde werden davon geprägt, geleitet, geführt, erfüllt und motiviert. Denn wir wissen und erleben, dass es in unserem Alltag immer die Chance Gottes gibt. Gottes Größe und Güte ist allezeit erlebbar, wenn wir zu ihm hin geöffnet leben und zu seiner Führung bereit sind. Dann sind wir Überwältigte von seinem Wirken und Handeln, in das er uns auch einbindet, ganz mit hinein nimmt. Persönlich erleben wir Verheißungen Gottes, die sich ganz gewiss erfüllen. Denn was Gott vorhat und bewirkt, das kann niemand hindern. Darin ist die Allmacht und der Segen Gottes erlebbar und spürbar. In solcher göttlichen Faszination stehen wir.

 

2) Solches Leben strahlt etwas aus. Wir sind die Botschafter an Christi Statt. Natürlich ist unser Glaube eine ganz private Angelegenheit. Wir können ihn auch nicht vererben. Das kann allein Jesus. Aber wir können unseren Glauben bezeugen und bekennen. In jedem Gottesdienst tun wir das mit unserem Glaubensbekenntnis. Und auch sonst haben wir das große innere Bedürfnis, von unseren Glaubenserlebnissen etwas weiter zu sagen. Wir geben unserem Glauben eine Stimme, denn Glauben ohne Stimme ist stumm; mit der Stimme ist er sehr lebendig und lebensspendend.

Gott stellt unser Leben in einen größeren Rahmen hinein. Er benützt und gebraucht uns zum Aufbau seines Reiches, seiner Neuschöpfung. Darin bindet er uns ganz ein. Und da hat jeder seinen ganz bestimmten Platz, den er einnehmen darf. Da gibt es Innenaufträge und Außenaufträge. Von Gott her ist da alles sehr weislich geordnet. Da braucht keiner auf den anderen neidisch zu sein. Gott schenkt ein sehr fruchtbares Arbeiten und Wirken, das Gelingen. Jeder steht nach seiner Beauftragung und Begabung ganz im Einsatz. Und wem viel anvertraut ist, von dem wird auch vieles verlangt. Und gerade das ist das Richtige, was momentan möglich ist. Alles andere können wir getrost Gott überlassen. So erleben wir erfüllte Tage, ein auf unserem Gebiet gesegnetes Leben und Wirken, nie eine Unter- oder Überforderung, immer ein ausgelastetes Leben. Trotz allem Auf und Ab geht es zügig weiter und voran.

Beim Gesamt- Konzept Gottes geht es um die Rettung und Erlösung von uns Menschen. Deshalb kam Jesus auf unsere Erde. Deshalb schenkt er uns diese gottgewirkte Faszination. „Gott will, dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“ „Und alle, die an ihn glauben, gehen nicht verloren, sondern haben das ewige Leben!“ So leben wir Christen nicht nur für uns selbst, sondern wir stehen auch in der Hingabe an und für unsere Nächsten. Da gilt es auch einmal, die Eigeninteressen hintenan zu stellen, dazu wir auch bereit sind. Und Gott benützt solchen Einsatz. Da sind unsere Worte auf einmal Gottes Worte. Da kommt durch unser Zeugnis und Dienst Gott selbst zu den Menschen. So leben wir zur Ehre Gottes. Unser Leben darf etwas ausstrahlen.

 

3) Unsere Nächsten reagieren darauf: die einen nehmen es an, die anderen ärgern sich darüber. Bei unserem Predigttext übersieht man gerne, dass Stephanus nicht nur Gegner hatte, sondern er durfte auch viele zu Christus führen. Aber er hatte eben auch Gegner. Und damals waren die Juden die Gegner der Christen. Sie ärgerten sich, dass trotz Verurteilung und Hinrichtung Jesu die Urgemeinde wächst und wächst. Inzwischen waren es weit über 7 000 Personen, die aus den Juden gewonnen wurden. So unternahmen die restlichen Juden alles, um den Christen entgegen zu treten. Mit Stephanus erlebten die Christen eine Verfolgungswelle, deren Anführer in der Folgezeit Saulus war.

Heute gesteht uns Gott für die westlichen Länder einen gewissen Freiraum zu. Aber im islamischen Gürtel dieser Erde gibt es jedes Jahr 100 000-de von Märtyrer, die wegen ihres Glaubens an Jesus Christus getötet werden. Wesentlich mehr werden deshalb unterdrückt und verfolgt.

Christen sind zu solchen Konsequenzen bereit. Von Gott bekommen sie die Kraft, darunter auszuhalten. Somit ist das Erleiden einer ganz bestimmten Situation, vor dem wir uns normalerweise weigern, kein Missgeschick und auch kein Fehlverhalten. Sondern das gehört zum Christsein dazu.

Wir dürfen keinen Menschen verurteilen, das steht uns nicht zu. Aber wenn z.B. in einer Ehe Zwistigkeiten auftreten und sie dennoch aushalten und sich nicht scheiden lassen, dann wird solches Erleiden praktiziert. Gerade darauf liegt dann der Segen Gottes, der nie ausbleibt. Dasselbe gilt für das Mobbing in einer Firma. Dasselbe gilt überall dort, wo sich Einzelne profilieren wollen und deshalb andere unterdrückt werden; wo nach oben gebuckelt und nach unten getreten wird; wo Ämteranhäufung geschieht; wo Lüge, List, Betrug und Gewalt angewendet wird. Da treibt das menschliche Zusammenleben viele falsche Blüten und Früchte. Alle Mittel sind recht, um selbst möglichst viel Spaß zu haben und das Leben zu genießen. Dass dabei andere ausgenützt, übervorteilt werden und auf der Strecke bleiben, das nimmt man in Kauf.

Und gerade das können wir Christen nicht. Christus lehrt uns eine andere Lebensweise, bei der unser Nächster geehrt wird. Und das wird oft vom anderen in falscher Weise ausgenützt. Aber Gott gibt uns die Kraft, darunter auszuhalten. Seine Sache bleibt dabei nicht auf der Strecke. Sogar die Märtyrer sind noch der Same der Kirche. Es gibt immer welche, die sich Gott durch unseren Dienst und Einsatz beruft und seine Neuschöpfung weiter geht, bis hin zur Vollendung am Jüngsten Tag. So wie Jesu armseligstes Kommen in diese Welt nicht umsonst war, trägt auch jeder Zeuge Jesu Christi zum Kommen seines Reiches bei. Stephanus war damals einer der Zeugen. Heute gehören wir dazu.

 

Auch wenn die Auswirkungen unseres Lebens sehr verschieden sind, Gott benützt es. Die einen dürfen im Namen Jesu vieles bewirken. Die anderen durchgehen manche missliche Situationen. Aber Alle sind von Gottes Handeln und Wirken fasziniert. Sie setzen um Jesu willen ihr ganzes Leben für ihn ein und sind bereit, auch die Konsequenzen zu tragen. So steht neben der Krippe das Kreuz. Und wir wissen, dass das Leben gerade mit dem Leiden gewonnen werden kann.